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Die schöne Welt des Röntgenstrahls

Verborgenes sichtbar machen

Mit der Entdeckung der Röntgenstrahlung hat Wilhelm Conrad Röntgen im Jahre 1895 den Grundstein für technische Apparate gelegt, die die Welt der Technik und der Medizin drastisch veränderten. Wer sich diesbezüglich umfassend informieren möchte, ist im Deutschen Röntgen-Museum in Remscheid bestens aufgehoben.


Der 1845 in Lennep geborene Wilhelm Conrad Röntgen könnte eigentlich als Vorbild dienen, dass man auch ohne Schulabschluss zu Weltruhm kommen kann. Ist er doch 1863 von der Technischen Schule Utrecht verwiesen worden, da er irrtümlich als Urheber der Karikatur eines Klassenlehrers angesehen wurde.

Trotz dieses Unrechts ließ er sich nicht entmutigen. Er belegte als Gasthörer an einer niederländischen Universität Kurse unter anderem in Mathematik sowie Physik und konnte sich dank des so angesammelten Wissens 1865 an der ETH Zürich als regulärer Student einschreiben. Dies war ihm deshalb möglich, da für diese Hochschule eine Aufnahmeprüfung ausschlaggeben war und nicht der Nachweis eines Abschlusses.

Mit Fleiß zum Erfolg

1868 bekam er sein Diplom als Maschinenbauingenieur überreicht und machte 1869 an der Universität Zürich seinen Doktor in Physik. Seinem unermüdlichen Fleiß und dem Schweizer Schulsystem ist es demnach zu verdanken, dass die Welt heute die von ihm im Jahre 1895 entdeckte Röntgenstrahlung kennt. Die von ihm zunächst X-Strahlen genannte Strahlungsart leitete einen gewaltigen Fortschritt in technischer und medizinischer Hinsicht ein.

Meilensteine dieser Umwälzungen können im Deutschen Röntgen-Museum in Remscheid bewundert werden. Hier gibt es Röntgengeräte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs ebenso zu bewundern, wie topmoderne Tomographen, die jedem Krankenhaus zur Ehre gereichen würden. Darunter befinden sich auch Kuriositäten, wie etwa das Schuhdurchleuchtungsgerät ›Pes‹ aus dem Jahre 1937, das von Schuhgeschäften zur Überprüfung der Passgenauigkeit von Schuhen genutzt wurde.

Gefährlicher Leichtsinn

Es ist erstaunlich, dass über viele Jahrzehnte völlig unbeschwert mit Röntgenstrahlen umgegangen wurde, obwohl bereits 1897 der berühmte Erfinder Nicola Tesla vor dem unbedachten Umgang mit ihnen warnte. Hat er doch selbst schwere Strahlenschäden durch Eigenversuche erlitten.

Im Museum kann anhand eines echten Exponats anschauliche nachvollzogen werden, was Röntgenstrahlung anrichten kann. In einem Schrank mahnt die linke, strahlengeschädigte Hand von Professor Paul Krause, Röntgenstrahlung nur mit Vorsicht zu nutzen. Dieser hatte sich 1934 selbst getötet, da die damals regierenden Nationalsozialisten die Enthebung von all seinen akademischen Ämtern betrieben. Seine Hand jedoch hatte er dem Röntgen-Museum vermacht.

Richtig angewandt sind Röntgenstrahlen jedoch ein wertvolles Werkzeug. Mit ihnen ist es nicht nur möglich, Verborgenes sichtbar zu machen, vielmehr bilden sie die Grundlage, um kleinsten und größten Objekten ihre Geheimnisse zu entlocken. So ist es beispielsweise mit einem Röntgenmikroskop möglich, Objekte mit einer Auflösung von unter zehn Nanometer zu untersuchen. Dadurch ist es machbar, etwa lebende Zellen in einer 3D-Struktur darzustellen.

Staunenswerte Technik

Die bunten, spektakulären Bilder von Galaxien und Staubnebel sind das andere Extrem, die ohne Röntgenstrahlen nicht möglich wären. Hier ist moderne Bildverarbeitung am Werk: Daten von Satelliten und irdischen Teleskopen werden überlagert. Infrarotes sowie ultraviolettes Licht und Röntgenstrahlung bilden die Grundlage für Bilder, die den Kosmos als Gesamtkunstwerk erscheinen lassen. Im Museum ist beispielsweise ein Bild von Cassiopeia A – dem Rest einer Supernova – zu sehen. Rund 11 000 Lichtjahre von der Erde entfernt explodierte hier vor 350 Jahren ein Stern.

Das Bild wurde aus überlagerten Einzelbildern der Weltraumteleskope ›Hubble‹, ›Spitzer‹ und ›Chandra‹ erzeugt. Es zeigt Röntgenstrahlen kleinster Energie in Rot, diejenigen mittlerer Energie in Grün und hochenergetische Röntgenstrahlung in Blau. Damit Röntgenstrahlung überhaupt aufgefangen werden kann, sind spezielle Spiegel nötig, wie sie 1952 der deutsche Physiker Hans Wolter vorschlug.

Entsprechende Teleskope bestehen aus einer ineinander geschachtelten Kombination aus Paraboloid- und Hyperboloid-Spiegeln. Der streifig einfallende Röntgenstrahl wird durch diese Anordnung zunächst an der Außenseite eines Paraboloids, danach an der Innenseite eines Ellipsoids gespiegelt. Es gibt jedoch eine andere Bauweise, die eine genau entgegengesetzte Technik verwendet. In jedem Fall ist die Herstellung dieser Spiegel sehr aufwendig, da zur Funktion eine extrem geringe Rauheit der Spiegeloberfläche nötig ist, die sich im Bereich von nur einigen Millionstel Millimeter befinden muss. Diese Technik steht erst seit 1978 zur Verfügung und wurde im Röntgensatelliten ›Einstein‹ erstmals umgesetzt.

Doch haben die Techniker noch mehr Ideen ersonnen, die Röntgenstrahlung zu nutzen: In Teilchenbeschleunigern ist es beispielsweise möglich, Röntgenblitze zu erzeugen, die – ähnlich einem Stroboskop – es möglich machen, chemische Reaktionen quasi zu filmen. Auf diese Weise erhalten Materialwissenschaftler, Physiker und Biologen völlig neue Einblicke in die Welt der Atome und Moleküle. Dadurch wird es unter anderem möglich, neue Medikamente zu ersinnen, Katalysatoren zu optimieren und bessere Datenspeicher zu entwickeln.

Auch die Kunstwelt haben Röntgenstrahlen auf den Kopf gestellt. Heute ist es problemlos möglich, ein Gemälde auf Echtheit zu untersuchen, die Technik des Künstlers zu analysieren oder versteckte Details sichtbar zu machen. So zeigte sich beispielsweise bei der Untersuchung des Bildes ›Die Rasenbleiche‹, dass der Künstler Max Liebermann ursprünglich zwei weitere Frauen malte, die er jedoch später übermalte. Der Vorteil von Röntgenstrahlen ist, dass die Bilder bei der Untersuchung absolut unversehrt bleiben, Besitzer daher nicht um deren Wert fürchten müssen.

Materialfehler im Blick

Röntgenstrahlen haben auch dafür gesorgt, dass technische Produkte sicherer wurden. Mit ihnen ist es möglich, Materialfehler zuverlässig zu entdecken. Im Museum gibt es diesbezüglich beispielsweise das Modell ›Aequilux‹ von 1948 zu sehen, mit dem es möglich war, die Schweißnähte von Rohren zu überprüfen.

Kaltwalzwerke setzten hingegen auf das Modell ›Exatest‹, mit dem es möglich war, Dickenmessungen an den gewalzten Stählen vorzunehmen. Interessant ist die Technik, die dies möglich macht: Eine Röntgenröhre sendet Röntgenstrahlen mit bekannter Intensität durch das zu prüfende Material. Ein Detektor misst kontinuierlich die Schwächung der Röntgenstrahlung. Bleibt die Schwächung konstant, so ist die gleiche Dicke der Werkstücke gegeben.

Röntgenstrahlung kann sogar die Archäologie bereichern. Röntgenuntersuchungen erlauben es, archäologische Objekte zerstörungsfrei zu untersuchen. Dies ist insbesondere bei stark korrodierten oder verkrusteten Gegenständen von Vorteil. Durch Einsatz der Computertomografie lassen sich Fundstücke zudem dreidimensional rekonstruieren. Diesbezüglich gibt es im Museum interessante Beispiele zu sehen.

Technikkombination

Nicht minder interessant ist die per 3D-Druck hergestellte Nachbildung eines Höhlenbärengehirns. Dazu wurde der Schädel des Höhlenbären mittels eines Computertomografen von Röntgenstrahlen durchdrungen, was die Datenbasis schuf, um die 3D-Form des Gehirns zu ermitteln. Es zeigte sich, dass heutige Braun- und Eisbären ein größeres Gehirn besitzen, als die damaligen Höhlenbären.

Dank der Röntgenstrahlen ist es möglich, Mumien zu untersuchen, ohne sie aufschneiden zu müssen. Bereits 1896 gelang dem Frankfurter Physiker Walter König das erste Röntgenbild einer ägyptischen Kindermumie. Heutige, moderne Anlagen sind sogar in der Lage, innerhalb von nur wenigen Sekunden eine Mumie mit allen Knochen und Organen – wenn vorhanden – dreidimensional darzustellen. Die dabei erzeugten Schichten besitzen eine Dicke von unter einem Millimeter. Im Museum ist sogar ein 3D-gedrucktes Abbild einer Leiche zu sehen, deren Daten mittels eines CT-Scans gewonnen wurden. Auf diese Weise lassen sich Anschauungsobjekte herstellen, die beispielsweise für die Medizinausbildung genutzt werden können.

Rätsel gelöst

Interessanterweise war nach ihrer Entdeckung lange Zeit nicht bekannt, ob es sich bei Röntgenstrahlen um Wellen oder Teilchen handelt. Das Rätsel löste 1912 der Physiker Max von Laue, nachdem er Kristalle mit Röntgenstrahlen durchleuchtete. Er entdeckte, dass Kristalle die Strahlung ablenken, also beugen können. Damit konnte er nachweisen, dass sich Röntgenstrahlen als Wellen ausbreiten. Für diese Entdeckung erhielt er 1914 den Nobelpreis für Physik.

Die Entdeckung der Röntgenbeugung erlaubte es den britischen Physikern William Henry Bragg und William Lawrence Bragg, die Struktur von Kristallen zu analysieren und die Position der Atome exakt zu berechnen. Für diesen Erfolg erhielten Vater und Sohn gemeinsam 1915 den Nobelpreis für Physik.

Es lohnt sich also sehr, dem interessanten Deutschen Röntgen-Museum in Remscheide einen Besuch abzustatten, um selbst in eine Welt einzutauchen, die sich wohl auch der Entdecker der Röntgenstrahlung so sicher nicht erträumt hat.

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Mehr Informationen:

Kontakt  Herstellerinfo 
Deutsches Röntgenmuseum
Schwelmer Str. 41
42897 Remscheid
Tel.: 02191 / 16-3384
Fax: 02191 / 16-3145
E-Mail: info@roentgenmuseum.de
www.roentgenmuseum.de

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