Graphit - ein Wunder in Schwarz
Der Stoff des Technik-Lebens
Ob Bleistift, Bremsbeläge, Brennstoffzellen oder Akkus, in allen diesen Dingen verbirgt sich das Mineral ›Graphit‹, das dank seiner einzigartigen Eigenschaften vielseitig einsetzbar ist. Nicht zuletzt die Gewinnung von Aluminium oder die Erschmelzung hochwertigster Edelstähle ist ohne Graphit undenkbar, da nur dieser Werkstoff der bei der Zündung des Lichtbogens entstehenden Temperatur widerstehen kann. Dieser Wunderstoff wird weltweit abgebaut, unter anderem auch in Kropfmühl, inmitten des Bayerischen Waldes.
Kohlenstoff ist ein besonderer Stoff mit besonderen Eigenschaften. Kohlenstoff gehört zu den in der Natur am häufigsten vorkommenden Elementen. Extrem Verdichtet entsteht im Erdinneren bei hohen Temperaturen daraus Diamant – der härteste natürlich vorkommende Stoff. Kohle, Erdöl und Erdgas sind weitere Stoffe, in denen Kohlenstoff eine große Rolle spielt und die es ohne ihn nicht geben würde. Auch Leben wäre ohne Kohlenstoff nicht möglich, da alles lebende Gewebe aus Kohlenstoffverbindungen aufgebaut ist.
Als Kohlendioxid (CO2) kommt Kohlenstoff in der Luft vor, wo es etwa 0,04 Prozent Anteil hat. In dieser Form wird Kohlenstoff verdächtigt, am angeblichen Klimawandel beteiligt zu sein. Kohlenstoff besitzt äußerst interessante Eigenschaften. Je nachdem, wie der Kohlenstoff im Gitter gebunden ist, unterscheiden sich die Eigenschaften fundamental. Während beispielsweise Diamant ein Isolator ist, besitzt Graphit beste Leiteigenschaften.
Das zweidimensionale Graphen ist sogar in der Lage, elektrischen Strom weit besser zu leiten, als herkömmliche Halbleiter. Bis zu 100-mal schneller als in Silizium bewegen sich dort elektrische Ladungen, was die Leistung von Computern beflügeln wird, wenn es gelingt, aus diesem Stoff integrierte Schaltungen zu entwickeln. 1779 entdeckte der Apotheker und Chemiker Carl Wilhelm Scheele, dass Graphit reiner Kohlenstoff ist. Graphit besitzt unter allen bekannten Materialien die höchste Temperaturbeständigkeit. In einer sauerstofflosen Umgebung geht Graphit erst bei 3750 Grad Celsius direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über. Allerdings entzündet sich Graphit unter Sauerstoffeinwirkung bei 600 Grad Celsius.
Rätselhaftes Graphit
Nach herkömmlicher Lesart entsteht Graphit bei der Umwandlung von Sedimenten mit organischer Substanz im Erdinneren, wo hoher Druck und hohe Temperatur den Umwandlungsprozess in Gang setzen. Darüber hinaus kann er aus kohlenwasserstoffhaltigen magmatischen Gasen abgeschieden werden. Neuere Forschungen legen jedoch den Verdacht nahe, dass an der Graphitentstehung keine organischen Substanzen beteiligt sind. Vielmehr entsteht laut neuer Forschung Graphit durch aus dem Erdinneren aufsteigendes Methan, das auf dem Weg nach oben entsprechende chemische Prozesse in Gang setzt.
Mittlerweile wurde festgestellt, dass selbst in über 4000 Meter tiefem Gestein Mikroben leben. Diese werden vom aufsteigenden Methan mit nach oben getragen, wo sie wegen des geringeren Drucks absterben. Diese nun leblosen Mikroben sind danach in Ölen oder Graphitgestein nachweisbar, weshalb man irrtümlich annimmt, hier Leben aus der Erdoberfläche vor sich zu haben, das durch geologische Prozesse ins Erdinnere gelangte. Diese Theorie lässt mittlerweile immer mehr Fachleute bezüglich der Entstehung von kohlenstoffhaltigen Elementen, wie Graphit oder Erdöl umdenken. Ein diesbezüglich sehr interessantes Buch finden Sie hier.
Graphit wird sowohl im Tage-, als auch im Untertagebau gewonnen. Abbauwürdige Vorkommen gibt es zahlreich an vielen Stellen der Welt. Insbesondere in China, Korea, Madagaskar, Brasilien und Indien. In Deutschland ist der Graphitabbau insbesondere in Kropfmühl bedeutsam, das in der Nähe von Passau inmitten des Bayerischen Waldes liegt. Dieses Abbaugebiet ist bereits seit 140 Jahren in Betrieb und hat in seinen besten Zeiten etwa 596 Bergleuten zu Lohn und Brot verholfen. Nachdem die Preise für Graphit in den letzten Jahren keinen rentablen Betrieb mehr gewährleisteten, wurde der Abbau eingestellt. Erst im Jahre 2012 wurde im Zuge der anziehenden, kostendeckenden Preise der Graphitabbau wieder aufgenommen.
Die Abbaubedingungen von Graphit haben sich in heutiger Zeit deutlich verbessert. War früher die Staublunge eine mit dem Bergmannsberuf einhergehende, nicht zu vermeidende Berufskrankheit, sorgen heute wassergespülte Bohrer und leistungsfähige Belüftungsanlagen dafür, dass Bergleute nicht vor ihrem 35. Geburtstag versterben. Zudem haben moderne Maschinen, wie E-Loks für den Loren-Transport und Bagger für den Abbau die Arbeit unter Tage sehr erleichtert.
Da Graphit kein Mangelstoff ist, ist das Anziehen der Marktpreise mit den vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Graphit zu erklären. Die Nachfrage nach Aluminium und die zunehmende Automobilität in den Entwicklungsländern lässt auch die Nachfrage nach Graphit steigen. Schließlich gilt es, Elektroden für die Erschmelzung von Aluminium zu produzieren, das im Automobilbau ebenso verwendet wird, wie Bremsbeläge, die nur dank Graphit die hohen Temperaturen beim Bremsen aushalten. Bei den Bremsbelägen kommt hinzu, dass die Schmiereigenschaft des Graphits das Festfressen von Bremsbacken verhindert und zudem den Fahrkomfort erhöht, da das läßtige ›Rupfen‹ nicht mehr auftreten kann. Nicht zuletzt die zunehmende Verwendung von Carbonfaser (die selbst auf Kohlenstoff beruht) und hochlegierten Edelstählen hat geholfen, den Graphitbedarf zu steigern, da auch diese Stoffe zu ihrer Herstellung auf Graphitelektroden angewiesen sind.
Auch als Festschmierstoff hat sich Graphit bestens bewährt, wenn es zusammen mit einer Flüssigkeit eingesetzt wird. Fehlt die Flüssigkeit, tritt hingegen der gegenteilige Effekt auf: in sehr trockener Atmosphäre steigt der Reibungskoeffizient von Graphit dramatisch an und das eigentlich schmierend wirkende Mineral besitzt nun hemmende Eigenschaften!Gießformen und Schmelztiegel aus Graphit sind in der Metallgewinnung ein Muss, denn nur dieses Material ist in der Lage, den hohen Temperaturen beim Metallschmelzen zu widerstehen. Sie werden aus einem Gemisch aus Graphit und feuerfestem Ton gefertigt, was sie selbst plötzliche und extreme Temperaturveränderungen klaglos wegstecken lässt. Sie können so lange verwendet werden, bis durch langsames Verbrennen des Graphits die Tiegel und Formen zu dünnwandig geworden sind und ausgetauscht werden müssen. Die Feuerfestigkeit von Graphit wurde schon in der späten Eisenzeit erkannt. Das Material half damals, Gefäße und vor allem Kochtöpfe feuerfest zu machen.
Stoff mit vielen Talenten
Graphit wird auch zum Sintern verwendet. Bei diesem Prozess werden Metallpulver in einer Form zusammengepresst und dann auf eine Temperatur erhitzt, die dicht unter dem Schmelzpunkt des am niedrigsten schmelzenden Pulvers liegt. Bei diesem Prozess ›backen‹ die Metallteile fest zusammen. Wenn das Graphit in diesem Prozess in Lösung geht, dann wird der Kohlenstoff zu einem Legierungsbestandteil des Werkstücks. Im Fall von Zahnrädern wird dadurch die Belastbarkeit erhöht. Geht das Graphit jedoch nicht oder nur zum Teil in Lösung, dann bleiben kleine Graphitflöckchen im Werkstück erhalten, die dann die Schmierfähigkeit erhöhen, was etwa für Lagerschalen optimal ist.
Auch als Schreibmaterial hat Graphit eine glanzvolle Karriere hingelegt. Den ›Bleistift‹ hat wohl schon jeder in der Hand gehabt. Der irrige Name ›Bleistift‹ ist den Engländern zu verdanken, die Graphit mit dem Mineral ›Bleiglanz‹ verwechselt haben. Da half auch der Nachweis von Carl Wilhelm Scheele nichts mehr, der herausfand, dass es sich bei dem Stoff um Graphit, also um reinen Kohlenstoff, handelt. Nachdem dies jedoch bekannt war, wurde während der napoleonischen Kriege die Ausfuhr von Bleistiften von Großbritannien nach Frankreich verboten, da man mit dem hitzefesten Graphit das perfekte Material besaß, um Gussformen für Kanonenkugeln herzustellen.
Interessant ist, wie die Hersteller von Bleistiften, der eigentlich Graphitstift heißen müsste, die unterschiedlichen Härtegrade ausbilden. Schließlich hat ein künstlerischer Zeichner lieber einen weichen Stift zur Hand, während ein technischer Zeichner Wert auf möglichst lange Zeit gleichmäßig breite Linien legt, ohne nachspitzen zu müssen. Das Geheimnis liegt darin, dass die Bleistiftmine aus einer Mischung von Graphit und Ton besteht. Diese Mine ist umso weicher, je mehr Graphit und je weniger Ton in dieser Mischung enthalten ist. Graphit lässt sich heute auch künstlich herstellen. Dazu werden kohlenstoffhaltige Materialien, wie etwa Braunkohle, Steinkohle, Erdöl oder Kunststoffe unter Luftabschluss auf 3000 Grad Celsius erhitzt, woraufhin eine Umwandlung von amorphem Kohlenstoff zu polykristallinem Graphit erfolgt. Der künstlich hergestellte Graphit, der auch unter der Bezeichnung ›Acheson-Graphit‹ bekannt ist, wird als hitzebeständiges Schmiermittel verwendet.
Gerade die Hitzefestigkeit ist immer ein entscheidendes Kriterium für den Einsatz von Graphit in der Technik. Bis 1990 wurde es daher auch in hochgereinigter Form in Kernreaktoren als Moderatorelement eingesetzt. Allerdings haben die Graphitbrände des britischen Windscale-Reaktors und des russischen RBMK-Reaktors in Tschernobyl Sicherheitsbedenken aufgeworfen. Das Problem ist die Reaktionsfähigkeit mit Wasserdampf oberhalb von 900 Grad Celsius, was zur Bildung brennbarer Gase führt und die mangelhafte nukleare Stabilität im System Graphit /Wasser. Diese Probleme versucht man im Kugelhaufen-Reaktor in den Griff zu bekommen, wo Moderatorkugeln aus Graphit verwendet werden und kein Wasser, sondern ein gasförmiges Kühlmittel zum Einsatz kommt.
Graphit hat in jüngster Zeit sogar den Sprung in die Dämmindustrie geschafft. Das Mineral spielt bei der Herstellung von Wärmedämmplatten eine große Rolle, denn es wird dem Vorprodukt von expandiertem Polystyrol, allgemein bekannt als Styropor, beigemischt. So entstehen graue Dämmplatten, die einen erheblichen Vorteil gegenüber des weißen Materials haben: gleiche Dämmleistung bei dünnerer Ausführung. Die vielfältigen Eigenschaften des Graphits gehen so weit, dass das Mineral nicht nur als Leiter von Strom und Therme fungiert, sondern eben auch als Isolator. Mit viel Know-How und Technologie können solche Effekte erreicht werden. Kein Wunder, dass Graphit angesichts seiner vielseitigen Talente eine große Zukunft vor sich hat.
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