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Weltbewegendes aus Nürnberg

Erinnerungen an eine Top-Industrie

Ohne die Sammelleidenschaft von Privatpersonen wären zahlreiche Museen um etliche Exponate ärmer. Nicht wenige Museen gründen sich gar auf Schätze, die in einem langen Leben angehäuft wurden. So auch das Merk Motormuseum in Nürnberg.

So mancher Zeitungartikel spricht davon, dass die Deutschen technikfeindlich wären. Die zahlreichen technischen Museen, die es in Deutschland gibt, zeugen davon, dass diese Pauschalierung extrem an der Wirklichkeit vorbeirauscht. Gerade hier sind technische Highlights in großer Zahl zu sehen, die zeigen, dass nicht zuletzt die hellen Köpfe Deutschlands der Welt Fortschritt und Wohlstand brachten. Ob Computer, Fernmeldewesen oder Verbrennungsmotor – wichtige technische Meilensteine entsprangen den Köpfen von Menschen, die das Glück hatten, in einem Land aufzuwachsen, wo ihnen Bildung, Disziplin und Geradlinigkeit zuteilwurde, was wichtige Voraussetzungen sind, Großartiges zu entdecken.Dieser Pioniergeist bildete die Grundlage für das eine oder andere Großunternehmen. Insbesondere im Automobilbereich, im Zweiradsektor, im Fernmeldewesen und im Computerbereich wurden Firmen gegründet, die noch heute zu den Taktgebern in diesen Bereichen zählen. Einen kleinen Überblick über die Errungenschaften großartiger Firmen bekommt man im Merk Motormuseum, das von Claus Merk aufgebaut wurde und heute in einer ehemaligen Fensterfabrik residiert. Seine Liebe zur Technik kann dort anhand zahlreicher Exponate bewundert werden. Anders als der Museumsname suggeriert, begrenzt sich die Sammlung jedoch nicht auf motorisierte Exponate, sondern umfasst auch andere Bereiche wie beispielsweise Telekommunikation, Zeitgeschichte oder Bürotechnik.

Lohnendes Hobby

Hier wird sichtbar, dass aus einem Hobby, technische Dinge zu sammeln, eine echte Leidenschaft wurde. Was Mitte der 1970er Jahre mit einem Ponton Cabrio von Mercedes Benz begann, wurde zu einer vielbeachteten Sammlung deren Ruf weit über Nürnberg hinausreicht. Mittlerweile sind auf rund 2 000 Quadratmeter jeweils über 100 Automobile und Motorräder zu besichtigen, die von glänzenden Zeiten erzählen. Bei den Motorrädern ist das Besondere, dass es im Museum ausschließlich Exponate aus Nürnberger Fabriken zu sehen gibt.Beim Durchwandern der Sammlung kommt dem Besucher entgegen, dass die Fahrzeuge chronologisch nach Baujahren gegliedert sind, sodass man das Gefühl hat, mit den Fahrzeugen durch vergangene Jahrzehnte zu schreiten. So gibt es hier zum Beispiel das Modell ›Standard Six Duplex Phaeton‹ von Studebaker zu bewundern. Dieses Auto wurde 1925 gebaut und kann im Originalzustand bewundert werden. Umrahmt von Strohballen soll wohl daran erinnert werden, dass solche Wagen nach dem Willen von Hollywood-Produzenten beim Dreh von Slapstick-Filmen durch den einen oder anderen Heuballen fahren mussten.

Autobegeisterte Damen

Eine Augenweide sind das Modell ›W24 Cabriolet‹ von Wanderer sowie der ›Rolls-Royce 20/25 HP‹, die Kotflügel an Kotflügel platziert wurden. Während der Rolls-Royce bereits im Jahre 1929 das Licht der Autowelt erblickte und damals für 1066 Pfund in den Besitz einer gewissen Mrs. Myles-Corry überging, musste das Wanderer-Schmuckstück bis 1937 warten, ehe es für 4 950 Reichsmark den Weg zur Erstbesitzerin Susana Anabel nach Uruguay antreten durfte. Damen waren demnach schon früh an hübschen und prestigeträchtigen Fahrzeugen interessiert.

Für gut Betuchte

Im Museum können eine ganze Reihe von Autos bestaunt werden, die das Herz von Liebhabern edel geschneiderter Karosserien höherschlagen lassen. So beispielsweise der ›Mark VI‹ von Bentley aus dem Jahr 1951, der nur zwei Mal gebaut wurde und mit ­einem Kaufpreis von 90 000 DM nur für Leute mit einem sehr großen Geldbeutel in Frage kam. Der Sechszylindermotor mit 4 566 ccm Hubraum verfügte über 131 PS, was dennoch nur für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h reichte. Anhand dieses Modells ist sehr schön der Fortschritt im Motorenbau zu sehen.
Für 131 PS sind heute keine riesigen Hubräume mehr nötig, zudem erreichen heutige Fahrzeuge mit 131 PS weit höhere Endgeschwindigkeiten. Ganz zu schweigen vom wesentlich geringeren Spritverbrauch moderner Verbrennungsmotoren.
Ein schönes Beispiel dieser These ist der ›XK 140 OTS C-Type‹ von Jaguar. Dieser Sechszylinder-Wagen wurde nur wenige Jahre später, nämlich von 1954 bis 1957 in einer Stückzahl von 3 281 Stück gebaut. Mit „nur“ 3 442 ccm war der Hubraum deutlich kleiner, dennoch war der Motor in der Lage, 210 PS zu mobilisieren. Überraschend auch der Neupreis, der „lediglich“ 18 980 DM betrug.
Deutlich günstiger war der ›VW Brezelkäfer‹ zu haben, der von 1946 bis 1960 gebaut wurde. Für das Auto mussten damals nur 3 450 DM aufgewendet werden. Bekommen hat man ein robustes Fahrzeug mit einem Vierzylindermotor, der aus 1 192 ccm Hubraum 30 PS mobilisierte, was für eine Höchstgeschwindigkeit von 112 km/h reichte. Dieses Fahrzeug war extrem beliebt, weshalb es sich weltweit gut verkaufte. Am Ende waren es 21.529.464 Stück.

Fiat-Nachbau

Ein besonderer Hingucker ist der ›Jagst 770‹ der Neckar AG. Dieses Fahrzeug wurde von 1964 bis 1967 in Lizenz produziert und wird vom Besucher zunächst als ›Fiat 600‹ eingeschätzt. Erst der Blick auf das Markenlogo klärt auf, dass es sich hier um ein in Deutschland gefertigtes Fahrzeug handelt. Es lohnt, das Museum mit einer Führung zu besichtigen, denn die spannende Geschichte der Neckar AG ist es wert, gehört zu werden.
Mit dem ›850 Ci‹ von BMW gibt es im Museum ein Fahrzeug zu sehen, das Maßstäbe im Motorenbau gesetzt hat: 12 Zylinder, ein Hubraum von 5 379 ccm und 326 PS sind Werte, die im Jahre 1989 Weltklasse waren. Den Preis von 167 067 DM für das Fahrzeug konnten sich allerdings nur wenige leisten, weshalb die Stückzahl mit 1 218 Stück überschaubar blieb, was heutige Sammler freut, da diese Fahrzeuge einen entsprechenden Wert präsentieren.Wie bereits erwähnt, sind im Motormuseum auch viele Zweiräder zu bewundern, die ausschließlich von Nürnberger Unternehmen hergestellt wurden. So kann von Hercules beispielsweise das Modell ›320‹ aus dem Jahre 1954, die ›K50 Ultra‹ von 1977 und die ›ZX50 Cross‹ aus dem Jahr 1995 bewundert werden. Mit der ›XTC 125 Racing‹ aus dem Jahr 1998 ist sogar das letzte von Hercules gebaute Motorrad zu besichtigen.

Abstieg einer Ikone

Eine traurige Entwicklung, die aufzeigt, dass es sehr viel Geschick und Timing braucht, um Unternehmen trotz starker Konkurrenz lebensfähig zu halten. So hat Hercules mit der ›Accubike E1‹ bereits im Ölkrisen-Jahr 1973 ein Mofa gebaut, das mit einem Bosch-Motor ausgestattet war, der 800 Watt Leistung bot. Leider wurden davon nur 3 500 Stück verkauft, das Engagement in eine zukunftsweisende Technik vom Markt demnach nicht belohnt.
Wer schon immer mal wissen wollte, wie ein Verbrennungs- oder Elektromotor überhaupt funktioniert, sollte die vielen Schnittmodelle ansehen, die einen Einblick in sonst verborgene Technik erlauben.
Die Sammlung wurde so angelegt, dass der Besucher immer mal wieder an etwas ganz anderem vorbeikommt. So zum Beispiel an einem Büro aus den 1950er Jahren, vor dem man gerne länger stehenbleibt, da man bei diesem Exponat vor Augen geführt bekommt, wie angenehm das Büroleben heutzutage ist. Damals gab es keine höhenverstellbaren Schreibtische, keine ergonomischen Stühle und auch das Licht war meilenweit von dem entfernt, das heute in modernen Büros Standard ist.Dazu passt die Sammlung von Triumph Adler-Büromaschinen, die aufzeigt, dass es damals für Konstrukteure nichts Besonderes war, eine komplizierte Mechanik zu ersinnen, die mühelos in der Lage war, den Druck auf eine Taste auf einen Typenhebel zu übertragen, der über ein zwischengeschaltetes Farbband einen Buchstaben auf das Papier zauberte.

Mit Verfallsdatum

Ähnliches wird sich der Besucher beim Betrachten der zahlreichen Fernsprechapparate denken, die beispielsweise noch über eine Wählscheibe verfügen. Diese wurde so konstruiert, dass eine unterschiedlich lange Drehbewegung in eine Ziffer umgewandelt wurde, was bei mehrmaliger Wiederholung schließlich die gewünschte Telefonnummer ergab, die man anrufen möchte. In der Handy-Zeit ein Relikt, das insbesondere der jüngeren Generation ein herzhaftes Lachen entlockt. Doch haben auch moderne Handys ein Verfallsdatum, wie ein Blick in eine Museums-Vitrine zeigt. Ehemals hochaktuelle Modelle drängeln sich, um dem Besucher ihre Design-Schönheit aus vergangener Zeit zu präsentieren. Nicht zuletzt diese Exponate zeigen, dass jede Technik veraltet und Neuentwicklungen Platz machen muss.

Für Feierlichkeiten

Die Kulisse des Museums kann auch der Rahmen für ein besonderes Event sein: Wer möchte, kann hier seine Hochzeit, die Taufe oder einen runden Geburtstag feiern. Wird die Gästezahl nicht zu groß, bleibt sogar eine ausreichend große Fläche übrig, die Tanzfreunde für einen Tango oder Rumba nutzen können. Jede Wette, dass sich inmitten der tollen Exponate die Gäste wohl fühlen und sich freiwillig nicht so schnell von der Festlichkeit wegstehlen.

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Diesen Artikel finden Sie auch in Heft 1/2021 auf Seite 32. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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Kontakt  Herstellerinfo 
Merks Motor Museum GmbH
Klingenhofstraße 51
90411 Nürnberg
Tel.: 0911-561494-99
Fax: 0911-561494-98
E-Mail: info@merks.motor-museum.de
www.merks-motor-museum.de

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