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Die Entwicklung von Z88 im Fokus

Ein Helferlein für Konstrukteure

Mit dem FEM-Programm ›Z88Aurora‹ hat ein Team der Universität Bayreuth eine Software entwickelt, die sich nicht vor kommerziellen Produkten verstecken muss. Im Interview erläutert sein Schöpfer, Prof. Frank Rieg, Anfang und Nutzen von Z88.


Sehr geehrter Herr Prof. Rieg, wie kamen Sie auf die Idee, eine Software für die FEM-Analyse zu entwickeln?

Prof. Dr.-Ing. Frank Rieg:
Meine erste Berührung mit der Finite Elemente Analyse, wie sie eigentlich richtig heißt, hatte ich 1978, als ich im Rahmen meiner Diplomarbeit eine Rennwagenkarosserie für Porsche berechnete. Zu dieser Zeit gab es kaum ein brauchbares FE-Programm. Damals wurde auf Großrechnern wie dem IBM System/370 gearbeitet und die Eingabedaten auf Lochkarten eingegeben. Die Berechnung einfachster Strukturen, die heute jedes Mittelklasse-Smartphone in wenigen Sekunden erledigt, hat mitunter Tage gedauert. Von einer grafischen Benutzeroberfläche konnte man nur träumen. Mit dem Siegeszug des PC eröffneten sich mehr Möglichkeiten, sodass ich 1985 mit der Entwicklung eines FE-Programms – damals noch in der Sprache Fortran – startete. Dies war der Vorgänger des heutigen Z88 und wir haben es auch in der Firma Ringspann, in der ich damals leitender Angestellter war, genutzt.

Welchen Nutzen versprachen Sie sich davon?

Prof. Rieg:
Mir war schon früh klar, dass computergestützte Berechnungen zu ­einem elementaren Werkzeug des Ingenieurs von Morgen werden würden. Rein mit analytischen Berechnungen ist es sehr schwierig, das mechanische Verhalten beliebiger Strukturen abzuschätzen. Früher wurden dazu Prototypen gebaut und mit aufwändiger Messtechnik im Versuch geprüft. Dieser Vorgang ist langwierig und teuer, sodass man im Idealfall bereits mit einem sehr guten Entwurf ins Experiment gehen möchte. Mit den numerischen Berechnungsmethoden wie der FEA lassen sich Bauteile virtuell prüfen und der Ingenieur kann direkt nachbessern. Zur Absicherung ist dennoch ein realer Prüfversuch nötig, da sowohl die Modellbildung als auch die Interpretation der Ergebnisse stark erfahrungsabhängig und dadurch fehleranfällig sind. Zudem war es damals sehr schwierig, die Funktionsweise von Computerprogrammen nachzuvollziehen und folglich fehlerhafte Berechnungen im Detail zu verstehen. Daher habe ich mich entschieden, ein FE-Programm zunächst für den Eigenbedarf zu schreiben.

Wie sind Sie auf den Namen ›Z88‹ beziehungsweise ›Z88Aurora‹ für das Programm gekommen?

Prof. Rieg:
Der Name hat keine tiefsinnigere Bedeutung. Ich habe in dieser Zeit nicht nur für den PC programmiert, sondern auch für wissenschaftliche Taschenrechner, wie die damals aktuellen TI-59 oder HP-41. Meine Programmbezeichnungen sind einer gewissen Logik gefolgt: Ein Präfix für die Anwendung und dann wurde aufsteigend durchnummeriert. PC-Programme haben bei mir das Präfix ›Z‹. Demnach war die damalige Fortran-Version des FE-Programms mein 88. Programm für den PC. Daher stammt die Bezeichnung Z88. Auf dieser Basis wurden dann alle weiteren Entwicklungen benannt. Die große Neuerung von Z88Aurora im Vergleich zu Z88, welches als Open Source-Software quelloffen zur Verfügung steht, ist die einfach zu bedienende, grafische Benutzeroberfläche. Aurora bezeichnet in der römischen Mythologie die Göttin der Morgenröte. Mit der neuen GUI von Z88Aurora wird dem Nutzer beim Pre- und Postprocessing der FEA mit Z88 quasi ein Licht aufgehen. Zudem symbolisiert es einen Neubeginn mit der nächsten Entwicklungsstufe unserer Software.

Welche Zeiteinsparung ist durch die Nutzung von Z88Aurora für Konstrukteure gegeben?

Prof. Rieg:
Mit Z88Aurora können Konstrukteure ihre Produktideen ohne großen Aufwand hinsichtlich der Realisierbarkeit abschätzen. Einen exakten Wert kann ich ihnen aber nicht nennen und das wäre auch höchst unseriös. Die jeweiligen Zeitersparnisse sind immer von der vorliegenden Problemstellung abhängig und können nicht pauschalisiert werden. Sie sind jedoch – nicht nur bei Z88, sondern bei FE-Programmen im Allgemeinen – erheblich. Nicht umsonst nehmen sie heutzutage ­einen so großen Stellenwert in der Produktentwicklung ein. Vor allem die Einsparungen bei realen Prüfversuchen, die sonst in mehreren Iterationen zum fertigen Produkt führen, sind immens. So ist nach einer korrekt durchgeführten virtuellen Produktauslegung mit Hilfe der FEA in der Regel nur ein abschließender Prüfversuch zur Validierung der Berechnungsergebnisse nötig.

Was unterscheidet Z88Aurora von anderen FEM-Programmen?

Prof. Rieg:
Wie ich schon angedeutet habe: Der Umfang ist gegenüber kommerziellen Programmen nicht so groß, was den Vorteil einer intuitiven Bedienung und Handhabung bietet. Der Einstieg ist aufgrund der umfangreichen Dokumentation und Beispielsammlung sehr einfach gestaltet. Aus diesem Grund wird Z88Aurora auch seit Jahren erfolgreich in der Lehre eingesetzt. Wir sehen uns eher als eine Art Wegbereiter, indem wir bereits im Studium das nötige theoretische und praktische Wissen vermitteln. Zudem bieten wir für die Industrie – hauptsächlich für KMU – einen unkomplizierten Einstieg in die FEA. Viele Unternehmen wechseln dann, wenn sich die Methode in der täglichen Arbeit etabliert hat, auf umfangreichere Tools von kommerziellen Anbietern um. Teilweise wird Z88Aurora von Kon­strukteuren auch parallel zur Konstruktion für kleinere Berechnungen genutzt, bevor das ausgearbeitete Bauteil im Detail mit einer aufwändigeren Simulation geprüft wird.

Wie groß schätzen Sie die Gruppe der Z88Aurora-Nutzer?

Prof. Rieg:
Die Downloadzahl der aktuellen Version Z88Aurora V4 betrug im Zeitraum April 2017 bis Dezember 2018 rund 38 000. Zusätzlich haben bereits über 300 Unternehmen eine Lizenz für kommerzielle Nutzung erhalten. Da wir keinerlei Nutzerinformationen erheben, können wir keine Zahl der aktiven Installationen nennen.

Werden FEM-Programme schon von der Mehrzahl derjenigen Unternehmen eingesetzt, für die eine solche Software in Frage kommt?

Prof. Rieg:
Ja, nahezu alle großen Konzerne und etliche mittlere Unternehmen setzen FE-Programme schon sehr erfolgreich ein. Dennoch besteht bei vielen KMUs noch ein großes Defizit.

Woran liegt das?

Prof. Rieg:
Das liegt meist an der Scheu vor dem vermeintlichen Aufwand. FE-Simulationen sind nicht trivial und bedürfen mehr als nur ein paar Klicks in irgendeinem Computerprogramm. Es erfordert ein tiefes Verständnis der Grundlagen von finiten Elementen, um Simulationsergebnisse richtig beurteilen zu können. Und hier sehe ich an vielen Stellen noch Schwächen. Kommerzielle Programme verleiten dazu, sich komplett auf diese zu verlassen und die Ergebnisse nicht mehr zu hinterfragen. Zudem sind diese Programme in der Regel sehr teuer, mehrere Tausend Euro pro Jahr und Arbeitsplatz sind keine Seltenheit. Eben dort setzen wir mit unserer Software an und sorgen für den Erstkontakt mit der FEA, der dank guter Dokumentation, Hilfe und Beispielen sowie der fehlenden Lizenzkosten keine Hürde mehr darstellt.

Ist Ihnen ein konkretes Projekt bekannt, das alleine mit Z88Aurora beziehungsweise Z88Arion gelöst wurde?

Prof. Rieg:
Da gibt es ­einige, was wir zum Beispiel aus unseren Zuschriften im Forum und den Supportanfragen für spezielle Probleme aus der Industrie mitbekommen. Hier kann man wohl auch unsere Forschungsprojekte in der ›Forschungsvereinigung Antriebstechnik‹ nennen, die wir fast ausschließlich auf Basis von Z88Aurora umsetzen.

Ist es möglich, dass sich Unternehmen von Z88Aurora eine Variante maßschneidern lassen, um die bei ihnen immer wieder vorkommenden Routinemessungen schneller durchzuführen?

Prof. Rieg:
Ja natürlich. Wir haben etliche Industrieaufträge bearbeitet, die genau dieses Ziel hatten. Details kann ich leider nicht nennen, da wir in den meisten Fällen zur Geheimhaltung verpflichtet sind.

Zur Technik: Wie funktioniert Z88Aurora überhaupt?

Prof. Rieg:
Z88Aurora ist das gesamte Programmpaket, was sowohl die Gleichungslöser für die Analysearten linear, nichtlinear, thermo-mechanisch und Eigenschwingungen als auch die Bedienoberfläche beinhaltet. Die Hauptprogrammteile und viele kleine Zusatzprogramme liegen dabei getrennt vor, wie bei eigentlich jedem kommerziellen Programm auch, sodass sie auch unabhängig von der GUI über die Kommandozeile angesteuert werden können. Da sich das für den Anfänger jedoch oft schwierig gestaltet, dient die Oberfläche zur einfachen Bedienung.


Welche Programmiersprache wurde dafür verwendet und warum?

Prof. Rieg:
Die meisten Module, also Oberfläche, Gleichungslöser und Konverter, sind mittlerweile in C geschrieben, um höchste Rechengeschwindigkeiten zu erreichen. Für die Oberfläche selbst kommt GTK+ als Toolkit zum Einsatz, da es auf Windows, Linux und macOS zur Verfügung steht. Für kleinere Zusatzprogramme kommt teilweise Perl zum Einsatz.

Wie finanziert sich das Projekt?

Prof. Rieg:
Die Entwicklungen werden in der Regel durch öffentliche Forschungsprojekte oder Fördergelder finanziert. Daher steht die Software der Öffentlichkeit auch kostenlos zur Verfügung. Firmenspezifische Speziallösungen auf Basis von Z88, die zur Finanzierung beitragen, werden grundsätzlich nicht veröffentlicht – es sei denn, der Auftraggeber gibt diese explizit frei.

Mit Z88Arion haben Sie ein relativ neues Produkt entwickelt. Worum handelt es sich hier?

Prof. Rieg:
Z88Arion ist ein Programm zur Strukturoptimierung und hilft Ingenieuren dabei, Produkte so zu gestalten, dass an sie gestellte Anforderungen optimal erfüllt werden und sie dabei trotzdem möglichst wenig Material benötigen. Die Auslegungsziele hierbei sind beispielsweise eine maximale Steifigkeit bei niedrigem Volumen oder eine maximale Festigkeit bei niedrigem Gewicht.

Demnach ist das Programm geeignet, sehr rasch zu einer materialoptimalen Struktur zu kommen. Mit welcher Materialeinsparung ist durch den Einsatz dieses Programms im Vergleich zur herkömmlichen Vorgehensweise zu rechnen?

Prof. Rieg:
Wie auch schon bei der Zeitersparnis bei FE-Berechnungen kann bezüglich der Materialeinsparung ebenfalls keine pauschale Antwort gegeben werden. Dies hängt davon ab, auf welcher Basis eine Strukturoptimierung ausgeführt wird. Sie können das ausgehend von einem Bauraum machen, also mit einem sehr hohen Startvolumen. Andererseits kann auch ein bestehendes Bauteil, das mithilfe einer FE-Analyse als überdimensioniert identifiziert wurde, optimiert werden. Aus Erfahrungen wissen wir, dass bis zu 80 Prozent Material eingespart werden können. Es können aber auch nur 10 Prozent sein. Das variiert sehr stark und ist auch abhängig vom Optimierungsziel.

Wie könnte ein typischer Arbeitsablauf aussehen, wenn in einem Konstruktionsprozess Z88Aurora und Z88Arion zum Einsatz kommen?

Prof. Rieg:
Je nachdem ob es sich um eine Neukonstruktion oder die Anpassung eines bestehenden Bauteils handelt, kann mit Z88Arion die optimale Materialverteilung gesucht werden. Das Resultat ist ein Designvorschlag, der meist per CAD nachkonstruiert wird. Dieser erste Entwurf muss anschließend mit Z88Aurora abgesichert werden. Sind noch Detailanpassungen nötig, werden diese wiederum mit Z88Aurora geprüft. Ist die tatsächliche Umsetzbarkeit und die technische Sicherheit nachgewiesen, kann das Bauteil so in die Produktion gegeben werden. Bei der Anpassung eines bestehenden Bauteils kann mit Z88Aurora zunächst abgeschätzt werden, ob Reserven für einen Leichtbau bestehen. Dies erkennt man etwa an hohen Sicherheiten beziehungsweise niedrigen Vergleichsspannungen unter der höchsten Betriebs- oder Missbrauchslast. Mithilfe von Z88Arion lässt sich dort automatisiert Material entfernen, wo es nicht benötigt wird. Abschließend muss mit Z88Aurora die finale CAD-Geometrie abgesichert werden.

Wie hoch schätzen Sie die Zeiteinsparung im Vergleich zu alternativen Konstruktionsmethoden ein?

Prof. Rieg:
Auch das ist pauschal nicht zu beantworten. Wenn es sich um sicherheitskritische Bauteile handelt, kann nichts einen guten Versuch unter realen Bedingungen ersetzen. Die Programme können den Konstrukteur dabei unterstützen, mit einem guten Bauteilentwurf in den Versuch zu gehen und dadurch weitere Versuche einzusparen. Abhängig davon wie teuer beziehungsweise zeitaufwändig ein Versuch ist und wie viele Verbesserungsschleifen im Durchschnitt benötigt werden, kann man dann ausrechnen was einem die Simulation einspart. Aber auch die ist nicht umsonst. Eine möglichst exakte Modellierung kann Tage in Anspruch nehmen. Zudem braucht man erfahrene Mitarbeiter oder solche, die sich eingehend mit der Thematik auseinandersetzen möchten. Diese gibt es leider nicht an jeder Ecke. Auch wir haben am Lehrstuhl oft Schwierigkeiten, gutes Personal zu finden. Dazu kommen noch Kosten für Hard- und Software. Die Ersparnis hängt also sehr vom Einzelfall ab.

Welche Ausstattung sollte ein PC besitzen, damit die Programme ohne lange Antwortzeiten darauf laufen?

Prof. Rieg:
Ein durchschnittlicher Mittelklasse-PC ist heutzutage in der Lage, zeitunabhängige, mechanische Probleme innerhalb weniger Sekunden oder Minuten zu lösen. Werden allerdings eine umfangreiche Baugruppe berechnet, dabei mehrere physikalische Phänomene gleichzeitig betrachtet und das auch noch zeitabhängig, hilft oft auch das größte Rechenzentrum nichts, dann warten Sie schon mal ein paar Tage.

Auf welche Sprachen können die Programme eingestellt werden?

Prof. Rieg:
Wir unterstützen mit Z88 die beiden Sprachen Deutsch und English. Sie lassen sich im Optionsmenü umstellen, woraufhin ein Neustart des Programms nötig ist. Auch die Dokumentation ist immer in den beiden Sprachen dabei, egal ob zur Installation die deutsche oder englische Setup-Datei heruntergeladen wurde. Diese unterscheidet sich nur in der Sprache des Setup-Programms und der Voreinstellung der Programmsprache in Z88.

Welche Dateiformate werden unterstützt?

Prof. Rieg:
Geometriedaten können im STEP oder STL-Format eingelesen werden, bereits vorhandene FE-Modelle aus anderen Programmen als INP, ANS, COS oder NAS-Datei. Dabei werden teilweise nicht nur die FE-Strukturen übernommen, sondern auch Randbedingungen. Materialien müssen in Z88Aurora und Z88Arion immer neu vergeben werden, um die integrierte Materialbibliothek konsistent zu halten.

Mit Z88Mobile und Z88Tina haben Sie zwei Apps im Portfolio, die als weltweit erste FEA-Apps auch Volumenmodelle unterstützen. Was unterscheidet diese Programme von den PC-Versionen?

Prof. Rieg:
Die hardwaretechnischen Ressourcen sind auf mobilen Geräten begrenzt. Somit können die Z88-Apps nicht denselben Funktionsumfang wie die Desktop-Varianten bieten. Weil die Berechnung von Volumenelementen sehr aufwendig ist, kann in den Apps bei dieser Art von Elementen nur die Ergebnis­analyse erfolgen. Für die Berechnung müssen Sie auf die Desktop-Varianten zurückgreifen. Jedoch werden Sie bei der Verwendung von Strukturelementen kaum einen Unterschied feststellen. Hier bieten Z88Mobile und Z88Tina fast denselben Funktionsumfang wie die Desktop-Versionen.


Demnach eignet sich die Software nicht nur für die tägliche Arbeit, sondern kann auch in der Ausbildung und im Studium nutzbringend verwendet werden. Haben Sie bereits Rückmeldungen von Ausbildern und Lehrern, die diese Software in ihrem Unterricht einsetzen?

Prof. Rieg:
Ja, an einigen Universitäten und Technischen Hochschulen werden Z88Aurora und Z88Arion in der Ausbildung verwendet und die Studenten sind von der einfachen Handhabung begeistert. Anklang finden unsere Programme auch im Ausland, hauptsächlich in Europa und den USA. In Bayreuth lernen unsere Studenten zum Beispiel schon im ersten Semester die FEA mit Z88Aurora kennen. Das frühe Heranführen an die FEA und die vertiefenden Veranstaltungen in höheren Semestern zahlt sich dabei doppelt aus: Für die Studenten und für ihre späteren Arbeitgeber.

Für Einsteiger ist der erste Kontakt mit FEA-Software womöglich steinig. Was raten Sie diesen, um die Klippen zu umschiffen?

Prof. Rieg:
Mit unserem Buch ›Finite Elemente Analyse für Ingenieure‹, der nutzerfreundlichen Software und besonders mit den detaillierten Beispielen, Handbüchern und Videos einfach mal anfangen. Tutorial-Videos findet man unter anderem auch auf YouTube, nicht nur in unserem Channel, sondern auch von anderen YouTubern. Wenn nach ein paar Minuten dann ein buntes Bild erscheint, hat man die erste große Hürde genommen. Wie es dazu kam ist sicher noch ein Rätsel, aber da kommt man mit etwas Zeit und Geduld schon dahinter. FEA lernt man nicht alleine aus der Theorie, sondern man muss es einfach mal machen. Die Theorie ist notwendig, um korrekte Modelle zu erstellen und die Ergebnisgüte bewerten zu können. Dies bringt einem aber nichts, wenn man in der Praxis keine erfolgreiche Berechnung durchführen kann. Sie sollten auf beiden Gebieten fit sein, wenn sie die FEA beruflich einsetzen wollen.

Die Z88-Produkte sind sicher ein Dorn im Auge so manchen Softwarehauses. Mussten Sie sich schon mit Klagen beschäftigen?

Prof. Rieg:
Nein. Das Ziel ist es nicht, mit kommerziellen Programmen zu konkurrieren. Das können und wollen wir auch gar nicht. Wir wollen ein Programm für den Einsteiger und Studenten anbieten, damit diese die FEA wirklich verstehen, um später effektiv damit arbeiten zu können. Daher sind wir eher Partner und Wegbereiter für die kommerziellen FEA-Tools und weniger eine Konkurrenz.

Wohin werden sich Z88Aurora und Z88Arion entwickeln?

Prof. Rieg:
Da viele Neuerungen direkt den Dissertationen meiner Assistenten am Lehrstuhl entstammen, kommt es sicher auch darauf an, wie die jeweiligen Forschungsschwerpunkte verteilt sind. Aktuell entwickelt sich einiges in Richtung dynamischer FEA und Optimierung – was davon seinen Weg in die Freeware findet und vor allem wann das passiert, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber sicher ist mal, dass es ein einfaches und nach wie vor kostenloses Einsteiger- und Lernprogramm bleiben soll.

Sind neben diesen Programmen noch weitere Programme geplant, die dem Konstrukteur die Arbeit erleichtern?

Prof. Rieg:
Wir haben noch unsere zahlreichen Bayreuther Maschinenelemente-Programme, zu finden unter www.baymp.de, die viele analytische Berechnungen für Standardbauteile des Maschinenbaus liefern. Beispielsweise können damit mühelos Tellerfedern, Schrauben, Getriebe, Gleitlager, Pressverbände und vieles mehr auf der Grundlage von DIN-Normen oder VDI-Richtlinien berechnet werden. Die ›BayMP‹ sind bereits seit Anfang 2014 als Online-Berechnungsprogramme verfügbar und haben sich zu unserer Freude sehr gut entwickelt – ohne Marketing oder dergleichen. Aktuell weist baymp.de nahezu doppelt so viele Seitenbesucher wie z88.de auf, wird also von Studenten und Industrie sehr gut angenommen. Zusätzlich zu den Online-Tools können die BayMP auch klassisch auf dem PC oder wissenschaftlichen Taschenrechnern installiert werden, alternativ gibt es zwei Apps für Android. An der ersten iOS-App arbeite ich gerade selbst – es ist gar nicht so trivial, Zugang zu Apples App-Store zu bekommen, wenn parallel für beide Smartphone-Betriebssysteme auf einer Codebasis entwickelt wird. Da gehe ich aber mit gutem Beispiel voran und zeige meinen jüngeren Mitarbeitern, wie man sich da durchboxen kann.

Ihre Pensionierung ist nur mehr wenige Jahre entfernt. Wie wird es dann mit Ihren „Z88-Kindern“ weitergehen?

Prof. Rieg:
Das lässt sich schwer voraussagen, da es von vielen äußeren Faktoren abhängt. Im besten Fall wird das Werk von meiner Nachfolgerin beziehungsweise meinem Nachfolger fortgesetzt, aber das kommt immer auf die persönlichen Vorstellungen des neuen Lehrstuhlinhabers an. Das werde ich natürlich klären, sobald das Berufungsverfahren erfolgreich abgeschlossen ist. Besteht dort kein Interesse, wäre auch ein Spin-Off durch einer meiner Mitarbeiter oder ehemaligen Mitarbeiter denkbar – solange der Freeware-Status gesichert bleibt. Bevor das ganze Z88-Projekt stirbt, werde ich es aber wohl als quelloffenes Projekt (Open Source) ins Internet stellen, so dass jeder daran weiterarbeiten kann. Das wird die Zeit zeigen.

Sehr geehrter Herr Prof. Rieg, vielen Dank für das Interview!

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Diesen Artikel finden Sie auch in Heft 5/2019 auf Seite 16. Zum besagten Heft führt ein Klick auf den nachfolgenden Button!

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Lehrstuhl für Konstruktionslehre und CAD
Universität Bayreuth
Universitätsstr. 30
95447 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 55 7191
Fax: +49 (0) 921 55 7195
E-Mail: konstruktionslehre.cad@uni-bayreuth.de
www.z88.uni-bayreuth.de
Download Z88Aurora:
www.z88.de

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