Der 3D-Druck verändert die Fertigung
Ein Ausblick auf Technik und Trends
Wenn etwas momentan im Fertigungsbereich für Aufmerksamkeit sorgt, dann sind dies 3D-Drucker. Interessenten informieren sich schon heute darüber, ob man Lego-Steine oder auch, noch gewagter, Lebensmittel drucken kann. Dr. Florian Bechmann, Entwicklungsleiter bei Concept Laser, bezieht Stellung zum Stand der Technik und den sich abzeichnenden Trends.
Vor Kurzem eröffnete Concept Laser ein neues Entwicklungszentrum. Ist die Branche im Aufbruch?
Dr. Florian Bechmann: Die industriellen Anwendungen explodieren förmlich. Laserschmelzen mit Metallen übt eine hohe Faszination aus. Wir als Technologieführer müssen diesen Marktprozess mit Innovationen begleiten. In unserem neuen Entwicklungszentrum arbeiten meine Kollegen und ich an „diskreten Innovationen“, die nicht der breiten Öffentlichkeit gezeigt werden sollen. Bestimmte Branchen sind durchaus sensibel …
Welche Anwendungen meinen Sie damit? Vermutlich aus der Automobilindustrie?
Bechmann: Nicht nur. Impulssetzende Wegbereiter des Verfahrens sind die Automobilindustrie, die Medizintechnik sowie die Luft- und Raumfahrt. Diese Technologietreiber stellen nicht nur hohe Ansprüche an die Qualität oder die Wahl der Materialien, sondern auch an quantitative Aspekte, wie die Steigerung der Produktivität. Diese Anwender fordern kürzere Bauzeiten beziehungsweise mehr Teile im Bauraum. Für die Automobilindustrie entwickelten wir den derzeit größten Bauraum mit der ›X line 1000R‹. Der Übergang vom 400W-Laser zum 1 000W-Laser ist ein wichtiger Meilenstein des Verfahrens. Die Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den Laserspezialisten der Fraunhofer-Gesellschaft. Ziel war es, schnellere Prozesse, die auch noch kostengünstiger sind, zu realisieren.
Sie sprachen die Luft- und Raumfahrt an. Wie nutzt diese Industrie das Verfahren?
Bechmann: Innovationen gehen verstärkt von der Luft- und Raumfahrt aus. Hier sind qualitativ hochwertige Lösungen gefragt. Der Einsatz von reaktiven Materialien wie Titan oder Aluminium-Legierungen, die nur im geschlossenen System sicher und hochwertig hergestellt werden können, ist hier sehr gefragt. Generell sind Anwender wie NASA, DLR e.V. oder Astrium Space Transportation aus der EADS-Gruppe überzeugt, dass sich das Verfahren zunehmend etabliert. Die NASA-Ingenieure denken sogar darüber nach, Bauteile auf der ISS – also im Orbit – additiv herzustellen.
Spielen die USA dabei eine Vorreiterrolle?
Bechmann: Für die USA muss man einen hohen Kapital- und Personaleinsatz feststellen. Die Ingenieure oder auch Studenten an den Hochschulen dort sind fasziniert von den Möglichkeiten des Laserschmelzens. Die Amerikaner gelten als kreativ oder auch fortschrittsgläubig und haben den nötigen „Drive“. Wir Europäer können unseren Beitrag aus Forschung und Maschinentechnik vor allem in den USA und in Europa einbringen. In Europa fördert die EU dieses Verfahren durch Projekte wie ›AMAZE‹, weil man von der Nachhaltigkeit und der Innovationskraft überzeugt ist.
Gibt es andere Branchen, die auf den Zug der Zeit aufspringen?
Bechmann: Natürlich. Der Ansatz revolutioniert gerade beispielsweise die Medizintechnik: So sind Lasercusing-Teile bei Implantaten gefragt, die mit porösen Oberflächen gut einwachsen. Eine aufstrebende Anwendung ist preisgünstig herzustellender Zahnersatz aus biokompatiblen Werkstoffen. Selbst im Retrofit kann das Verfahren punkten: So können verschlissene Turbinenteile schnell und kostengünstig regeneriert werden. Neben dem Regenerieren werden auch komplett neue Teile in der Turbinentechnik gefertigt. In der Offshore-Industrie gibt es Überlegungen, Laserschmelzanlagen auf Bohrplattformen zu installieren, um autark bestimmte Bauteile vor Ort zu produzieren.
Mit welchen Materialien ist künftig zu rechnen, die für additive Verfahren genutzt werden können?
Bechmann: Als Trends sind zwei große Felder identifizierbar: Leichtbau mit Aluminium und Titan einerseits und Hochtemperaturanwendungen auf der anderen Seite. Materialkompetenz und Zertifizierung, sowie Validierung sind zentrale Aufgaben für uns als Maschinen- und Anlagenbauer. Neben diesen großen Themenfeldern geht es aber auch in die Spezialisierung. Die Werkstoffklasse der Refraktärmetalle rückt zum Beispiel verstärkt in unser Blickfeld. Als ein Beispiel sei Wolfram genannt. Hier ist eine extreme Temperaturbeständigkeit gefordert mit Schmelztemperaturen von über 3 000 Grad. Auch Titanlegierungen zählen zu unseren aktuellen Schwerpunkten auf der Materialseite. Wichtiges Material der Parameterentwicklung unserer „großen“ ›X line 1000R‹ war bisher Aluminium (Al). Dieser Werkstoff bietet sich für Volumenteile als eine preisgünstige und wirtschaftliche Lösung an. Inzwischen liegen erste vielversprechende Ergebnisse bei der Parameterentwicklung von Inconel 718 für den 1 000W-Laser-Einsatz vor.
Gibt es zwischen den additiv hergestellten Teilen und den herkömmlich, durch Zerspanen produzierten Teilen, Unterschiede bezüglich der Einsetzbarkeit oder der Lebensdauer?
Bechmann: Ein generativ hergestelltes Bauteil hat ein charakteristisches Mikrogefüge, welches gezielt durch Veredelungen, zum Beispiel via Wärmebehandlung, optimiert werden kann. Damit erzielen wir bei Laserschmelzteilen ein gewünschtes Eigenschaftsprofil. Ohne Frage – Teile aus der Zerspanung wird es aber immer geben. Das Laserschmelzen kommt bei neuartigen, komplexen Geometrien ins Spiel, in der intelligenten Verknüpfung als Hybridteile oder wenn es um Leichtbau oder bionische Teile geht. Qualitativ sind Laserschmelzteile ebenbürtig, weil wir auf Struktur und Dichte gezielt Einfluss nehmen können. In der Medizintechnik sehen sie heute schon, wie sich die enormen Wirtschaftlichkeitspotenziale mit sicherheitsrelevanten Aspekten und Langlebigkeit ergänzen. Der Abfall des Fräsens entfällt nahezu, es ist energieschonender und gerade bei komplexen Teilen ist der Ressourceneinsatz günstiger.
Es ist also möglich, vollfunktionsfähige Prototypen von beispielsweise Maschinen, Motoren oder Haushaltsgegenständen zu produzieren?
Bechmann: Da kommt das Verfahren ja her. Prototypen waren schon immer ein Auftrag für 3D-Druck-Verfahren, egal ob mit Metallen oder Kunststoffen.
Müssen sich angesicht dieses Szenarios die Hersteller zerspanender Maschinen nicht bald etwas einfallen lassen? Schließlich wird ihnen künftig nur noch der Markt für Mittel- und Großserienteile zur Verfügung stehen.
Bechmann: Additive Fertigung steht im Wettbewerb mit Verfahren wie Blechumformung, Fräsen oder Gießen. Die Angebote im Markt bieten ein sehr hohes Niveau. Laserschmelzen ist kein „Spezialistensport“ – es ist ein universelles Verfahren. Aber erlauben Sie mir bitte, den reinen Substitutionsgedanken auszublenden. Klassische Fertigungsansätze sind mit Vorlaufkosten verbunden. Vorlaufkosten in Werkzeug- und Anlagentechnik. Blicken wir neben den Aspekten der Wirtschaftlichkeit auf die Anwendungen im Detail. Im 3D-Druck entstehen heute schon in der Dental- und Medizintechnik Implantate mit porösen Strukturen. Auf ganz anderen Feldern setzt die Bionik Akzente. Unter anderem bei „bionischen Leichtbauteilen“ im Flugzeugbau. Nicht zuletzt die Materialeinsparung gegenüber dem Fräsen, etwa bei teuren Werkstoffen wie Titan, sind augenfällig.
Welche Effekte ergeben sich, wenn man von einem gefrästen oder gegossenen Teil auf ein gedrucktes Bauteil umsteigt? Vielleicht erläutern Sie dies an einem Beispiel.
Bechmann: Speziell beim Fräsen von komplexen Bauteilen mit einem hohen Maß an Funktionsintegration entsteht bis zu 95 Prozent recyclingfähiger Abfall. Beim Laserschmelzen erhalten wir aus dem Prozess ein sogenanntes ›endkonturnahes Bauteil‹, dessen Abfall bei etwa fünf bis zehn Prozent liegt. Das macht das Verfahren speziell bei hochwertigen und teuren Materialien, wie Titan oder nickelbasierten Legierungen, überaus interessant. Gegenüber dem Gießen haben wir den zusätzlichen Vorteil, dass wir kein Gusswerkzeug brauchen. Dies drückt sich aus in Zeitersparnis und Verbesserungen der Kostenstruktur bei kleinen und mittleren Stückzahlen. Außerdem kommt hinzu, dass Gussbauteile hinsichtlich der Gefügequalität oft schlechter abschneiden, etwa durch Lunker. Nicht zuletzt, sie sind schwerer als gedruckte Bauteile.
Eine der Fragen unserer Zeit ist die Umweltfreundlichkeit. Wie sehen die Umweltaspekte aus?
Bechmann: Das Laserschmelzen ist ein Verfahren von hoher Nachhaltigkeit: Einerseits durch die lokale Fertigungsoption, die die Logistik reduziert, anderseits durch Materialersparnis während des Prozesses. Es gibt auch keine Öl- und Kühlmittel-Emissionen, wie heute noch oft in der Maschinentechnik zu finden. Selbst die Restwärme kann genutzt werden. Ein 1 000W-Laser gibt circa 4kW Wärme ab, die in einem Wasser-Kühlkreislauf durch die Haustechnik genutzt werden können. Nicht ohne Grund wird das Laserschmelzen als „grüne Technologie“ bezeichnet.
Werden 3D-Drucker bald auf den Schreibtischen stehen, so wie heute die Laserdrucker?
Bechmann: Das additive Verfahren birgt diese Option. Wir sollten jedoch konsumnahe und industrielle Applikationen unterscheiden. Der selbst hergestellte Legostein aus Kunststoff wird bald realistisch sein. Das Materialspektrum und der Anwendungsbereich für jedermann wird jedoch sehr begrenzt sein. Ein Ersatzteil für einen Oldtimer oder für Autos generell ist sicherlich auch denkbar, wobei wir dabei schon bei industriellen Anwendungen angekommen wären. Wir bei Concept Laser beziehen uns immer auf rein industrielle Lösungen mit besonderen Qualitätsansprüchen und Materialwünschen bis hin zur Zertifizierung von Material und Prozess. Eine industrielle Lösung wird dann doch zu schwer für den Schreibtisch (lacht).
Sie sehen also keinen Massenmarkt im Bereich 3D-Drucken?
Bechmann: Im Consumer-Bereich werden wir zukünftig eine weitere Verbreitung sehen. So wie wir heute Papier mit dem 2D-Laser bedrucken, sind 3D-Geometrien natürlich begehrlich. Industrieller Maschinen- und Anlagenbau hingegen ist kein Massenmarkt. Hier geht es um Dental- oder Medizinprodukte oder allgemein um hochbelastbare technische Bauteile oder sogar Funktionsteile mit oft extremen Qualitätsanforderungen. Die Anlagenkomponenten und Kompetenzen in der Anlagen- und Verfahrenstechnik, aber nicht zuletzt auf der Werkstoffseite, sind nur für wenige Akteure auf der Anbieterseite abbildbar. Die möglichen Anwendungen allerdings erweitern sich kontinuierlich auch hier.
Wie der Spielemarkt zeigt, sind es nicht immer die Profis, die eine Technik zu immer neuen Höchstleistungen animieren. Grafikkarten wurden nur durch eine immer leistungshungrigere Software so schnell so leistungsfähig. Für CAD & Co. würde ein Bruchteil der Leistung moderner Grafikkarten genügen. Wäre es nicht klug, den engagierten Tüftler mit hochwertigen, gleichzeitig preisgünstigen 3D-Druckern zu versorgen, um dadurch auch die Profi-Produkte zu pushen beziehungsweise preiswerter zu machen?
Bechmann: Wie gesagt, eine industrielle Fertigung erfordert industriell abgestimmte Komponenten der Anlagen. Denken wir hier nur an das Zusammenspiel von Optik, Mechanik, Steuerungstechnik und Software einer Anlage. Die Schlüsselfaktoren liegen in einer übergreifenden Qualitätsüberwachung während der Bauteilaufbauphase. Der Aufwand in Dokumentation und Qualitätssicherung in Echtzeit ist hoch und hat damit auch seinen Preis. Ich würde sagen wollen, dass die zukünftige Ausbildung der Ingenieure, aber auch die allgemeine Erfahrung der normalen Konsumenten mit 3D-Drucktechniken das industrielle Verfahren generell positiv beeinflusst. Dies hat den Effekt des Überspringens in eine industrielle Fertigungskonzeption. An der Verknüpfung von PC oder Smartphone in die moderne Maschinensteuerung sehen wir doch schon heute, wie fließend die Grenzen sind und wie Digitalität ein Teil unseres Lebens wird.
Wenn Sie die Besonderheiten Ihrer Anlagentechnik charakterisieren sollten, was würden Sie nennen wollen?Bechmann: Zweifellos sind die Qualitäts-Management-Module eine wichtige Speerspitze für uns und unsere Kunden. Dann wäre da noch die charakteristische Trennung von Bauraum und Handlings-Raum bei Concept Laser, da dies maximale Arbeitssicherheit und Ergonomie bietet. Auch unser automatisierter Pulvertransport in Containern ist praktisch. Ein Handling im geschlossenen System hat zahlreiche Vorteile. Es ist wichtig für die Sicherheit, aber auch zur Verhinderung von Kontaminierungen, etwa durch Sauerstoff. Sicherheit ist uns sehr wichtig. Die ATEX-Richtlinie der EU verfolgen wir sehr stringent. Erwähnen würde ich auch Schnittstellen zum Produktionsumfeld, etwa die Kranzugänglichkeit für bis zu 80 kg schwere Bauplatten. Manchmal sind auch Details interessant: Etwa der Filterwechsel bei reaktiven Prozessen wie Titan. Der verschmutzte Filter wird mit Wasser geflutet und der Inhalt anschließend sicher und umweltfreundlich entsorgt.
Ein Nachteil des Laserschmelzens ist das Tempo. Dieses kann durch den Einsatz mehrerer Laserquellen gesteigert werden. Wo sind hier Grenzen?
Bechmann: Auf wie viele Laserquellen man setzen sollte, ist schlussendlich eine Frage der Wirtschaftlichkeit und Komplexität im Prozess. Die Bauraumgrößen oder die Leistung des Lasers sind weit fortgeschritten. Die Geschwindigkeit bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung schreitet voran. Was die Anlagentechnik anbelangt, ist für die Verarbeiter auch Flexibilität ein sehr wichtiges Argument. Das heißt zum Beispiel, mehrere Anlagen sind für manche Anwender begehrlicher als eine große Anlage.
Ist es denkbar, dass das Laserschmelzen durch ein gesteigertes Fertigungstempo irgendwann die zerspanende Welt in Museen verbannt?
Bechmann: Davon gehe ich nicht aus. Klassische Zerspanung bleibt für viele Bauteile auch noch in der Zukunft attraktiv. Es geht vielmehr um eine intelligente Verknüpfung der Verfahren, intelligente, nachgelagerte Arbeiten oder hybride Bauteile. Für uns im Laserschmelzen sind schnellere Anlagenparameter zu entwickeln. Hochtemperaturanwendungen und Leichtbau sind unsere Herausforderungen. Und natürlich haben wir den Vorteil, sehr schnell zu einer endteilähnlichen Lösung zu gelangen.
Kritiker sagen, dass die Bauraumgrenzen die Möglichkeiten beschneiden. Befürworter hingegen sagen, dass dies durch klassische Fügetechniken keine echte Einschränkung sei. Wie bewerten Sie diese Diskussion?
Bechmann: Das wird die Zukunft zeigen. Eins ist jedoch schon jetzt klar: Wir reden über schweißbares Material. Dies eröffnet die Möglichkeit, verschiedene Bauteile zusammenzuschweißen. Methoden der Fügetechnik werden hier zum Zuge kommen. In der Vergangenheit wurden Bauraumsteigerungen um bis zu 700 Prozent erzielt. Die Laserleistung wurde auf 1 000W gesteigert und die Baurate bei Aluminium um den Faktor 10 erweitert, um nur ein paar Kenngrößen zu nennen. Das sind enorme Fortschritte. Bei sehr großen Bauteilen vermehren sich die Spannungen im Teil. Diese Verzugsneigung setzt Grenzen. Letztlich setzen nicht die Bauräume die Grenzen, sondern physikalische Grenzen sind auszuloten.
Welche Stoßrichtungen sehen Sie beim industriellen Laserschmelzen der Zukunft?
Bechmann: Die Applikationen wachsen in die Breite und damit auch das Spektrum der Werkstoffe. Dies erfordert eine starke Beratungsleistung, die wir für den Markt erbringen müssen. An diese neuen Materialien muss die Anlage immer wieder ausgerichtet werden. Ein anderer Aspekt ist die Zunahme der Bedeutung von Qualität in der Wahrnehmung von Anwendern. Die Kunden erwarten eine aktive Prozessüberwachung und Serientauglichkeit auf industriellem Niveau.
Stichwort Qualitätsanforderungen. Was tut sich auf diesem Feld?
Bechmann: Aus Sicht der Kunden ist es das derzeit wohl wichtigste Feld. Der Kunde interessiert sich für Geometrie, Dichte, Produktivität und vor allem für Qualität. Zwei Ansätze sind hier zielführend: Aktive Prozessüberwachung durch die Maschinentechnik und Entwicklung auf der Materialseite. Dazu zählt das Zertifizieren von Materialien etwa in der Medizintechnik oder auch die herstellerspezifischen Vorschriften, wie man sie in der Automobilbranche oder der Luft- und Raumfahrt beachten muss.
Was bedeutet Qualität konkret für die Maschinentechnik?
Bechmann: Vordergründig ist es das Zusammenspiel von Optik, Mechanik, Steuerungstechnik und Software einer Anlage. Die Schlüsselfaktoren liegen jedoch in einer übergreifenden Qualitätsüberwachung. Aktive QS bedeutet kontrollieren, vergleichen, analysieren und auswerten von Prozessdaten in Echtzeit. Unsere patentierten Qualitäts-Management-Module entwickeln wir ständig weiter, um in puncto Aussagegüte, Bedienbarkeit, aber auch in der Einflussnahme auf den laufenden Bauprozess Maßstäbe zu setzen.
Wie müssen wir uns diese QM-Module vorstellen?
Bechmann: Es gibt dazu zwei Ansätze: 1. QMmeltpool und 2. QMcoating. ›QMmeltpool‹ bedeutet: Das System nimmt mit Hilfe von Kamera und Foto-Diode Signale während des Prozesses auf. Diese Daten können im Anschluss mit einer Referenz verglichen werden. Das optische System ist koaxial aufgebaut. Es ermöglicht der Kamera, den Schmelzpool über eine sehr kleine Fläche von circa 1x1mm⊃2; aufzunehmen. Leistungsreduktionen des Lasers, ausgelöst durch die Kontamination der F-Theta-Linse oder bedingt durch die natürliche Alterung des Lasers, aber auch Abweichungen des Dosierfaktors können damit erkannt werden. Der zweite Ansatz ist das QM-Modul ›QMcoating‹, es stellt sicher, dass die optimale Pulvermenge zum Einsatz kommt. QMcoating kontrolliert die Schichtoberfläche während des Pulverauftrags. Bei zu geringer oder zu hoher Pulverdosierung wird der Dosierfaktor dementsprechend angepasst, also aktiv gegengesteuert.
Mit ›Spark‹ bringt Autodesk eine offene Softwareplattform für den 3D-Druck. Damit möchte der Hersteller einen Standard setzen. Wie sehen Sie das Projekt?
Bechmann: In einem noch jungen Verfahren verfolgen wir eine meist offene Strategie, setzen daher auf allgemeine Industriestandards, statt auf Insellösungen. Concept Laser setzt auf die Arbeit in Gremien, wie dem VDI-Arbeitskreis. In dieser Richtlinien- und Normungsarbeit ist auch die Diskussion von Softwareschnittstellen ein wichtiger Bestandteil.
Werden Produkte künftig langlebiger? Immerhin stellt sich in Zukunft das Ersatzteilproblem immer weniger.
Bechmann: Die Laserschmelzprodukte etablieren sich schrittweise in der Luft- und Raumfahrt. Langlebigkeit und Qualitätsniveau spielen gerade hier eine entscheidende Rolle. Ersatzteile aus CAD-Daten werden eine wichtige Rolle spielen, vor allem wenn man an die Verfügbarkeits- und Losgrößen im Flugzeugbau denkt. Durch nachgelagerte Fertigungsschritte, wie Wärmebehandlung, Fräsen oder Lackieren werden sicherheitsrelevante Teile immer hochwertiger. Wie in der Luftfahrtindustrie finden wir in der Turbinentechnik neue Aufgaben. Produktlebenszyklen von 30 Jahren sind in diesen Bereichen keine Seltenheit. So können im Retrofit Bauteile abgefräst und additiv wieder aufgebaut werden. Bei den Losgrößen spielt sich heute vieles im Bereich von 1 bis 100 ab. Aber selbst das kann in der Zukunft nicht das letzte Wort sein.
Sehen Sie das noch hohe Innovationstempo der Industrie künftig gebremst? Schließlich würden sich neue Produkte nur schleppend verkaufen, wenn alte Produkte eine längere Nutzungsdauer hätten.
Bechmann: Bei der Nutzungsdauer gibt es bei lasergeschmolzenen Bauteilen keine Nachteile. Neue Produkte müssen letztlich immer durch funktionale Vorteile und niedrigere Kosten im Vergleich überzeugen. Es wird zukünftig neue Features in der Lasertechnik oder auch bei der Wahl der Werkstoffe geben und eine signifikante Verbesserung der Aufbaugeschwindigkeiten. Wenn wir die Geometriefreiheit, die allgemeine Zeitersparnis, den Wegfall von Formkosten sehen, dann werden 3D-Drucktechniken in der Zukunft immer attraktiver. Die Produktentwicklungszyklen verkürzen sich derzeit fast dramatisch, unter anderem, da Prototypen immer schneller und günstiger herstellbar werden. In der Raumfahrt geht man bei konventionellen Fertigungsstrategien heute noch von sechs Monaten aus, wenn komplexere Bauteile herzustellen sind. Bei additiven Ansätzen sprechen die Experten heute von einem Horizont von nur noch einem Monat. Schneller zum Ziel zu gelangen, und dies noch mit bekannten Kostenvorteilen, verändert die Sicht auf die Fertigung. Ein günstiger Energieverbrauch und ein kleinerer ökologischer Fußabdruck wirken als zusätzliche Beschleuniger.
Herr Bechmann, vielen Dank für das Interview.
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