Welt der Fertigung
Sie sind hier: Startseite » Archiv » Jahrgang 2021 » Ausgabe November 2021

Mit Öko-Kraftwerken verschwindet der Wald

Umweltfrevel im Namen des Klimaschutzes

Mit Holz befeuerte Kraftwerke sollen die Energiewende vorantreiben. Dafür müsste der deutsche Wald in wenigen Jahrzehnten geopfert werden. Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB hat die Daten am Beispiel des Kraftwerks Hannover-Stöcken zusammengetragen.

Fast unbemerkt wegen der Corona-Hysterie hat der Bundestag die Neufassung des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – KWKG 2020) verabschiedet. Auf 51 Seiten werden in 37 Paragraphen staatliche Zuschüsse, Zuschläge und Boni für Anlagen unterschiedlicher Größe festgelegt, die kohlebefeuerte Stromerzeuger mit Wärmekopplung ersetzen. Das sind im Wesentlichen Kraftwerke von Stadtwerken, die mit der Abwärme große Stadtgebiete mit Heizenergie versorgen. Die Großstädte Leipzig, Hamburg und Hannover sind dafür Beispiele.

Die kommunalen Kraftwerke mit Wärmekopplung sind durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) unrentabel geworden. Der „grüne“ Strom aus Sonne und Wind wird nach diesem Gesetz weit über seinen Wert vergütet. Er wird nach den Launen des Wetters produziert und kann nicht geregelt werden. Daher kann mit diesem schwankenden Strom auch kein stabiles Netz aufgebaut werden. Er ist zweitklassig und weniger wert als Kraftwerkstrom. Die Bundesregierung will aber mit diesem Strom eine vollständige Versorgung Deutschlands erreichen. Das ist eine Täuschung der Verbraucher. Der Stromverbraucherschutz NAEB bezeichnet daher diesen Strom zu Recht als FAKEPOWER (Fake = Täuschung).

Fakepower wird zu Dumpingpreisen über die Strombörse verkauft. Das Fakepower-Dumping dürfte die größte Dumping-Aktion der Welt sein mit einem Volumen von mehr als 25 Milliarden Euro im Jahr (EEG-Umlage). Die niedrigen Dumping-Preise zehren an der Rentabilität der Kraftwerke, weil sie in diese Preise einsteigen müssen. Gleichzeitig wird die Stromerzeugung mit Kohle durch steigende CO2-Zertifikate immer teurer. Diese Kraftwerksbetreiber wollen daher möglichst schnell ihre Anlagen stilllegen. Die Bundesnetzagentur hat deutlich mehr Anträge zum Abschalten von Kraftwerken als nach dem Abschaltgesetz geplant. Es müssen Anträge abgelehnt werden, um die Stromversorgung nicht zu gefährden.

Die kommunalen Kraftwerke müssen aber weiter betrieben werden, weil sie große Stadtteile mit Heizwärme versorgen. Die Stromerzeugung ist defizitär. Hier winken nun lukrative Zuschläge auf den erzielten Strompreis nach dem KWKG 2020, wenn von Kohle auf den Energieträger Biomasse umgestellt wird. Gefordert wird eine schnelle Umstellung auch von Umwelt- und Klimaschützern. Der Stromverbraucherschutz NAEB hat am Beispiel des Kraftwerks Hannover-Stöcken untersucht, welche Folgen eine Umstellung auf Holz als Biomasse für die Umwelt und für die Kunden der Heizwärme hat.

Brennstoffmengen

Zurzeit verfeuert das Kraftwerk Stöcken in der Spitze 675 Tonnen Steinkohle pro Tag, die mit Binnenschiffen angeliefert werden. Die Schiffe haben eine Tragfähigkeit von mehr als 1000 Tonnen. Es wird weniger als ein Schiff pro Tag entladen. Wenn auf Holzverbrennung umgestellt wird, werden rund 1500 Tonnen benötigt. Die größere Menge ist erforderlich, weil der Brennwert von Holz weniger als die Hälfte von Kohle beträgt und vor dem Verfeuern noch getrocknet werden muss. Holz muss auf Lastwagen aus den umliegenden Wäldern zum Kraftwerk transportiert werden. Bei einer Zuladung von 25 Tonnen müssen pro Tag 60 Lastwagen Holz anliefern. Wegen des Fahrverbots an Wochenenden erhöht sich die Zahl auf 84 an Werktagen. Der zusätzliche Lastwagenverkehr wird zu Behinderungen an dem viel befahrenden Kreuz von der Autobahn A2 und der Bundesstraße 6 führen.

Kosten

Der Importpreis von Steinkohle liegt bei 80 Euro/Tonne. Holz kostet 250 Euro. Nach diesen Zahlen steigen die Brennstoffkosten bei einer Umstellung auf Holz von 50.000 Euro/Tag auf 375.000 Euro, also auf das 7-Fache. Allerdings wird die Kohle durch die CO2-Zertifikate politisch verteuert. Bei dem derzeitigen Zertifikatpreis von 50 Euro/Tonne CO2 steigt der Kohleeinsatz um 165 Euro auf 245 Euro/Tonne. (Eine Tonne Kohlenstoff verbrennt zu 3,7 Tonnen CO2. Steinkohle hat ca. zehn Prozent Wasser und Gesteine, die nicht verbrennen). Damit verdoppelt Holz die derzeitigen Brennstoffkosten trotz der staatlichen Verteuerung der Kohle.

Verfügbarkeit

Das Kraftwerk Stöcken hat eine elektrische Leistung von 270 Megawatt (MW). In Deutschland gibt es KWK-Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von etwa 25.000 MW. Wenn diese Kraftwerke alle auf Holzfeuerung umgestellt werden, müssen 50 Millionen Tonnen Holz bereitgestellt werden. Bei einer mittleren Dichte von 0,65 Tonnen/cbm sind das über 75 Millionen Festmeter (fm). Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hat Deutschland 4000 Millionen Festmeter Holz in seinen Wäldern. Jährlich wachsen 117 Millionen fm hinzu, und 62 Millionen fm werden geschlagen und verarbeitet. 26 Millionen fm vermodern oder werden durch andere Naturereignisse vernichtet. Der verbleibende Zuwachs sind 29 Millionen fm. Nach diesen Zahlen muss jährlich mehr als 1 Prozent des deutschen Waldes vernichtet werden, um die Kraftwerke mit Wärmekopplung mit Brennholz zu versorgen. Der deutsche Wald ist in einigen Jahrzehnten vernichtet, denn mit jedem Jahr steigt der prozentuale Raubbau, da immer weniger Wald vorhanden ist.

Außer Holz aus Wäldern stehen kaum hölzerne Brennstoffe zur Verfügung. Abfälle werden bereits zu 80 Prozent in der Müllverbrennung genutzt. Die Reststoffe der Holzverarbeitung werden zu Pellets für Heizungen verarbeitet oder direkt zum Heizen genutzt. Verbrauchte Holzmöbel haben in vielen Fällen Pressspanplatten, deren Verbrennung nur in Spezialöfen mit Rauchgasreinigung erlaubt ist. Importe von Brennholz führen längerfristig in den Herkunftsländern zum Raubbau am Wald und erfordern lange Transportwege, die die Energiebilanz verschlechtern. Es bleibt also für die Holzfeuerung von Kraftwerken nur die Abholzung des deutschen Waldes. Eine detaillierte Darstellung der Kohle-, Holz- und Wärmemengen in den Varianten "IST", "Biomasse-Plan Enercity", "Biomasse-Plan hannover-erneuerbar.de" liegt hier: https://www.naeb.info/Stoecken.

Strommangel droht

Diese Fakten sind offensichtlich auch dem Betreiber des Kraftwerks Stöcken, der Enercity, bekannt. Die Enercity ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke Hannover und der Thüga Holding GmbH & Co. KGaA, München. Sie planen daher mit der Umstellung auf Holzfeuerung eine deutlich kleinere Anlage, die weitgehend nur zur Erzeugung der Heizwärme dienen soll. Ende dieses Jahres soll das Kohlekraftwerk Mehrum am Mittellandkanal mit einer Leistung von 759 Megawatt abgeschaltet werden. Dann verfügt die Region Hannover und die Enercity über keinen größeren Stromerzeuger mehr. Strom muss „importiert“ werden.

Wind- und Solarstrom sollen wohl die Lücke füllen. Bei Dunkelflauten müsste der Strom dann vom Ausland kommen. Lieferant dürfte dann nur Frankreich mit Atomstrom sein. Die anderen angrenzenden Länder bauen ihre Kraftwerke ebenfalls zugunsten von Fakepower ab. Bei Dunkelflauten können sie nicht liefern. Blackout droht.

Mit Verlust der lokalen Stromversorgung muss Strom über größere Entfernungen geliefert werden. Stromtransport ist auch bei bestehenden Leitungen nicht umsonst. Stromverluste müssen bezahlt werden. Die Energiepolitik in Hannover führt zwangsläufig zu höheren Strompreisen für den Verbraucher.

Heizen wird teurer

Die oben genannten Zahlen zeigen eine Verdopplung der Brennstoffkosten durch die Umstellung auf Holz. Diese Kosten müssen die Anwohner mit Fernwärmeanschluss bezahlen. Sie sind vom Monopol der Enercity abhängig. Sie können, um Kosten zu sparen, nur ihre Heizung abdrehen. Ein Umsteigen auf Elektro-Heizung wird noch teurer. Vielen Bewohnern in Hannover mit Fernheizung drohen kalte Wohnungen, weil sie die steigenden Heizkosten nicht mehr aufbringen können.

Unverantwortliche Forderungen

Nach der Faktenlage ist es unverantwortlich, die Abschaltung des Kraftwerkes Stöcken, zumal die schnelle, und einen Neubau eines Heizwerkes mit Holzfeuerung zu fordern. Doch Umweltverbände, die zum Teil von Steuerzuschüssen leben, stehen für den Antrag eines Bürgerbegehrens auf schnelle Abschaltung des Kraftwerks Stöcken an der Spitze. Mit Umweltschutz haben ihre Aktionen nichts zu tun.

Schlimm ist, dass auch die Gewerkschaft IG-Metall mit Informationsständen für dieses Bürgerbegehren wirbt. Wird es durchgesetzt, drohen Strommangel und Abschaltungen auch für das benachbarte VW-Werk. Ist das die Fürsorge der IG-Metall für ihre Mitglieder?

Mehr Informationen zu NAEB e.V.:

Kontakt  Herstellerinfo 
NAEB e.V. Stromverbraucherschutz
Georg-Buechner-Weg 3
33335 Gütersloh
Fax: 05241 702909
Tel.: 0171 3364683
E-Mail: info@naeb.info
www.naeb.info

War dieser Artikel für Sie hilfreich?

Bitte bewerten Sie diese Seite durch Klick auf die Symbole.

Zugriffe heute: 5 - gesamt: 2140.