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Tempus: Die Eins steht vor dem Komma

Temp-Methode sorgt für Wachstum

Kopp Schleiftechnik hat seinen Umsatz in den vergangenen zehn Jahren von 3,2 auf 6,5 Millionen Euro verdoppelt. Grund dafür: Das südhessische Unternehmen hat sich auf Sonderlösungen spezialisiert und produziert hochkomplexe Fräs- und Bohrwerkzeuge in einer Losgröße zwischen eins bis tausend.


Während früher allein die Produkte ein ausreichend interessantes Angebot waren, bietet Kopp inzwischen von der Wartung über die Reparatur bis zur speziellen Verpackung einen breiten Service. „Die Wünsche der Kunden werden einerseits technisch immer spezieller, andererseits entwickeln sie sich in Richtung zusätzlicher Dienstleistungen“, erklärt Geschäftsführer Achim Kopp warum das Unternehmen sich so erfolgreich an seinen etwa 500 Stammkunden ausrichtet.

Zusätzlich beliefern die Hessen mehr Branchen als vor zehn Jahren und sind deshalb weniger von einzelnen Marktschwankungen abhängig: Vor allem Luftfahrt, Dentaltechnik, Automotive, Energie und Maschinenbau nutzen die Fräs- und Bohrwerkzeuge, die auf tausendstel Millimeter genau gearbeitet sind, für Metallwerkstoffe, Kunststoffe sowie Glas- und Kohlefasern.

Hintergrund für die sprunghafte Unternehmensentwicklung ist die sogenannte Temp-Methode, die der 55-jährige Feinmechaniker seit 1999 im Unternehmen umsetzt. Unterteilt in die vier Themen Teamchef, Erwartungen des Kunden, Mitarbeiter und Prozesse mit jeweils sieben Arbeitsfeldern ist die Methode zunächst ein Analyse-Tool. Es hilft, an Hand von Schulnoten den gegenwärtigen Status zu bestimmen sowie Stärken und Schwächen des Unternehmens festzustellen.

Beispiel: Das Thema Kunden ist in sieben Handlungsfelder unterteilt. Eines davon lautet „Servicequalität steigern“. Steht das Produkt im Vordergrund und es gibt keinen Service, bekommt das Unternehmen dafür die Note 6. Herrscht die Erkenntnis vor, dass sich die Produkte ähneln und durch Service differenzieren, gibt’s die Note 5. Einen Schritt weiter sind Unternehmen, in denen der unternehmerische Service an Bedeutung gewinnt, etwa der Lieferservice, Afersales oder Reklamationen.

Die Note 3 bekommen Firmen, die persönlichen Service anbieten, denn freundliche Mitarbeiter machen den Unterschied. Außerdem sind Servicestandards festgelegt und werden kontinuierlich verbessert. Richtig gut sind Unternehmen, deren unternehmerischer und persönlicher Service exzellent ist.

Und die Note 1 erhalten Unternehmen, die ihre Kunden immer wieder verblüffen. Jörg Knoblauch hat die Methode im eigenen metallverarbeitenden Betrieb entwickelt. Gegenwärtig arbeiten deutschlandweit 3500 Firmen mit diesem einfachen und messbaren System für Mittelständler. „Wir lagen 2000 im Durchschnitt bei 4,1“, erzählt Kopp, „zwölf Jahre später hatten wir einen Notenschnitt von 1,8 erreicht.“

Den größten Effekt erzielt das hessische Unternehmen auf der Achse Chef und Mitarbeiter. Offene Kommunikation zeigt sich nicht nur strukturell in regelmäßigen Mitarbeiterbesprechungen, einer Firmenzeitung oder Mitarbeitergesprächen. Vielmehr macht die Unternehmensleitung die wichtigsten Kennzahlen transparent, so dass jeder der gegenwärtig 42 Mitarbeiter über Forecast, Produktion oder Reklamationen informiert ist. Dadurch werden sie sich ihrer Verantwortung für ihren eigenen Arbeitsbereich bewusst. Läuft es für das Unternehmen gut, dann bekommen sie eine Erfolgsprämie, die für 2016 zwischen 1500 und 2500 Euro lag.

Inzwischen muss sich der Chef nicht mehr um die Arbeitseinteilung kümmern, wenn Maschinen über Nacht oder am Wochenende laufen müssen. „Wir bieten einen Rahmen, in dem die Mitarbeiter viele Möglichkeiten nutzen können“, so Kopp, dessen Vater Helmut das Unternehmen 1970 gründete und dessen Bruder Jürgen die Technik und Produktion leitet. Jörg Knoblauch rät den Unternehmern und Geschäftsführern, Veränderungen konsequent und behutsam anzugehen: „Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter spüren, es soll und wird sich wirklich etwas verändern.“

Allerdings führen Veränderungen eventuell zu einer Verunsicherung und manche Mitarbeiter reagieren zurückhaltend bis ängstlich. Die Altgedienten sperren sich eventuell sogar, weil sie in ihrer Komfortzone verweilen wollen. Das Vertrauen, dass die Veränderung auch zu einer Verbesserung für die Mitarbeiter führt, muss sich die Führungsmannschaft regelrecht erarbeiten, so die Erfahrung des „Unternehmer-Beraters“.

Beispielsweise indem Mitarbeiter in Entscheidungen einbezogen werden. Als Kopp Schleiftechnik 2014 eine neue Produktionshalle auf der gegenüberliegenden Straßenseite plante, waren die Mitarbeiter über Workshops an der Planung beteiligt – schließlich wissen sie am besten, wie ihr optimaler Arbeitsplatz aussehen sollte. Rund 200 Ideen kamen zusammen, die zum größten Teil umgesetzt wurden. Mit dieser Wertschätzung für seine Mitarbeiter punktet das Unternehmen auch bei der Rekrutierung: Es gibt mehr Initiativbewerbungen als Stellen.

Seit Oktober 2016 steht die neue Halle, die mit 2800 Quadratmetern mehr als doppelt so viel Platz bietet wie die alte Produktion. Doch vor allem steckt darin das gesamte Prozess-Know-how der Mitarbeiter: angefangen von markierten Wegen bis zur Neuordnung der etwa 50 Maschinen. Das führt zu einem großen Entwicklungssprung für die Produktionsprozesse. Jörg Knoblauch kommentiert: „Daran ist zu erkennen, dass alle vier Arbeitsbereiche sich gegenseitig beeinflussen“.

Es bringt also nichts einen Bereich gezielt zu verändern, sondern alle vier sollten gleichzeitig in kleinen Schritten entwickelt werden: Prozesse können nur verändert werden, wenn die Mitarbeiter entsprechende Fortbildung erhalten. Oder: Der Unternehmer kann verstärkt am Unternehmen arbeiten, wenn die Mitarbeiter mitdenken und Verantwortung übernehmen. Oder: Soll die Servicequalität gesteigert werden, müssen zusätzliche Schritte im Arbeitsprozess entwickelt werden.

„Als Teamchef habe ich mich in meiner Persönlichkeit vielleicht am wenigsten verändert“, urteilt Achim Kopp über seine eigene Entwicklung. Aufgrund eines Persönlichkeitsprofils erkannte er frühzeitig als seine Stärken Struktur und Ordnung sowie Kontakt zu Menschen. Die klassische Führungskompetenz durch Dominanz ist bei ihm eher gering ausgeprägt, findet er. Seine Frage war deshalb zu Beginn, wie kann er ein Unternehmen und Menschen führen, ohne dominantes Verhalten zu zeigen.

„Rückblickend kann ich sagen, dass ich den Betrieb im besten Sinne geprägt habe. Er trägt meine Handschrift“, so der Chef. Statt von oben herunter die Geschicke zu bestimmen, bündelt er - eben als Teamchef - das Wissen seiner Mitarbeiter und gibt dem „Schwarmwissen“ eine Richtung. Wie im Detail die Umsetzung aussieht, erledigen Führungskräfte und ihre Teams, weil sie sich für die kontinuierliche Optimierung der Abläufe verantwortlich fühlen.

Nicht umsonst verbringt Kopp täglich ein, zwei Stunden in der Produktion und spricht mit den Mitarbeitern. Doch er tut dies eben nicht mehr als Fachkraft, obwohl er als Feinmechaniker genügend technisches Wissen mitbringt, sondern als Führungskraft: „Das ist ein entscheidender Schritt, mich nicht mehr in Details zu verlieren, sondern gemeinsam mit meinem Bruder und meiner Frau die strategische Ausrichtung zu festzulegen.“ Dabei kommt ihm zu Gute, dass zu seinen Kernaufgaben Kundenkontakte und Verkauf gehören: Nicht nur, dass er damit verantwortlich für die Außendarstellung zeichnet. Die Kundenwünsche dienen als Leitfaden für künftige Unternehmensentwicklung.

Mehr Informationen zu Tempus:

Kontakt  Herstellerinfo 
Tempus GmbH
Haehnlestr. 24
89537 Giengen
Tel.: 07322 950-220
Fax: 07322 950-217
E-Mail: personal@tempus.de
www.abc-personal-strategie.de

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