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Haver & Boecker: Hochwertiges aus Edelstahldraht

Drahtweberei setzt Akzente

Armaturen, Schaltkulisse, Lüftung und Lautsprecher sollen nicht nur funktional, sondern auch edel und exklusiv im Design sein. Um der anspruchsvollen Kundschaft eine Alternative zu Klavierlack und Echtholz zu bieten, setzen führende deutsche Automobilhersteller auf ein neues Strukturdrahtgewebe aus rostfreiem Edelstahl: Das Produkt STRUCTURA der Drahtweberei Haver & Boecker sorgt mit seinem auffälligen Webmuster für eine angenehme Haptik sowie eine sportlich-elegante Optik.

Die Anforderungen an die Ästhetik und Qualität von Edelstahldrahtgewebe für das Fahrzeuginterieur der gehobenen Mittel- und der Oberklasse sind extrem hoch: Optisch spielen ein homogenes Webmuster und ein exaktes, ansprechendes Maschenbild eine ebenso wichtige Rolle wie die Möglichkeit, individuelle Effekte durch Material- und Werkstoffkombinationen, Webstruktur und Licht zu erzielen. Seit 2010 beliefert Haver & Boecker namhafte deutsche Automobilhersteller mit Produkten aus einem eigens kreierten Strukturdrahtgewebe.

Die international führende Drahtweberei konstruiert die eingesetzten Webmaschinen selbst und entwickelt dabei die Webtechnik immer weiter. Die Drahtgewebe aus eigener Herstellung werden mit zahlreichen Produktions- und Verfahrenstechniken weiterverarbeitet zu Produkten, die den spezifischen Anforderungen der Kunden begegnen oder ihnen neue Möglichkeiten bieten. Die Drahtgewebe finden u. a. Anwendung in der Chemie-, Kunststoff- und Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, Elektronik, Industrie- und Analysensiebung, der Nahrungsmittelindustrie sowie bei Architektur und Design.

Interieurdesign mit Profil

„Mit STRUCTURA haben wir eine Alternative zu dem marktüblichen Quadratmaschengewebe entwickelt“, erklärt Florian Alsmann, zuständig für Filter und Formteile bei Haver & Boecker. „Bei dem Webmuster für das Fahrzeuginterieur handelt es sich um eine kundenexklusive Ausführung innerhalb der Produktlinie, die sich in keiner anderen Anwendung findet.“ Je nach Lichteinfall und -quelle verändert sich der visuelle Eindruck des Strukturgewebes.

Je nach Ansicht dominieren die Längsstrukturen oder die horizontalen Strukturen. Bereits die Werkstoffeigenschaften und das Fertigungsverfahren in der Drahtzieherei haben ausschlaggebenden Einfluss auf die Qualität der Gewebeoptik. In der Entwicklung des neuen Strukturdrahtgewebes arbeitete Haver & Boecker deshalb eng mit dem Edelstahlspezialisten Sprint Metal, einer Tochter der SCHMOLZ + BICKENBACH Gruppe, zusammen.

Beide Unternehmen sind nach ISO TS 16949 für den Automotivebereich zertifiziert. „In Sprint Metal haben wir einen zuverlässigen und fachkundigen Partner an unserer Seite, und das schon seit Jahrzehnten“, so Jörg Hoffmann, Qualitätssicherung Draht und Drahtgewebe bei Haver & Boecker. „Die Kombination aus web- und werkstofftechnischem Wissen ist das Erfolgsgeheimnis unseres Strukturdrahtgewebes STRUCTURA.“

Die Kunst des Ziehens

Eine Herausforderung in der Gewebeherstellung liegt in der homogenen Verteilung der sogenannten Kettstreifigkeit. Sie bezeichnet optische Nuancen über die Länge des einzelnen Drahtes und ist sowohl im Ziehprozess als auch im Glühprozess begründet: Sprint Metal zieht den Vorziehdraht von 1,2 mm im Nasszug durch mehrere Ziehsteine auf das geforderte Maß von 0,2 mm. Beim Ziehen nutzen sich die Ziehsteine sukzessive ab. Hierdurch besteht die Gefahr von unterschiedlichen Oberflächengüten zwischen Drahtanfang und Drahtende, der sogenannten Streifigkeit.

Entscheidend für ihr Ausmaß ist der richtige Einsatz der benötigten Ziehsteine. „Die Ziehsteine polieren wir bis in kleinste Abmessungsbereiche selbst und gewährleisten so die geforderte Ziehsteingeometrie – die Wirtschaftlichkeit der Produktion immer im Blick“, erläutert Mimmo Marsiglia, Produktmanager Feindraht bei Sprint Metal. Da der Verschleiß unter anderem vom geforderten Werkstoff abhängt, sind metallurgische Eigenschaften ein wichtiger Faktor zur Bestimmung der Qualität.

„Für STRUCTURA eignet sich der rostfreie Edelstahl 1.4404 in besonderem Maße“, so Marsiglia. „Er ist gut formbar und die Abnutzung der Ziehsteine dementsprechend gering.“ Die Stahleigenschaften stellt Sprint Metal über die Legierungsbestandteile ein. Dabei greift der Drahtexperte auf das Knowhow seiner französischen Muttergesellschaft Ugitech zurück, die den Edelstahl anforderungsgerecht in ihrem Stahlwerk schmilzt und zum Draht walzt. Der Werkstoff ist verbessert in seiner Korrosionsbeständigkeit. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit Fingerabdrücke und handelsübliche Reinigungsmittel auf der späteren Nutzoberfläche im Auto keine nachhaltigen Spuren hinterlassen. Um die benötigte Dehnung und Zugfestigkeit für den Webprozess bei Haver & Boecker einzustellen, glüht Sprint Metal den Draht abschließend.

Volltreffer in der Webtechnik: Kette und Schuss

Auf Drahtspulen trifft der feine Edelstahldraht in Oelde bei Haver & Boecker ein. Nach Prüfung des Bespulungsbildes, des Drahtdurchmessers und der Materialeigenschaften setzt Haver & Boecker die Rollen auf ein Zettelgestell zur Vorbereitung der Kettwalze: Je nach Breite und Feinheit des späteren Gewebes finden bis zu 2.000 Spulen pro Webkette Platz. Beim Weben kreuzen sich Kettdrähte in Längsrichtung und Schussdrähte in Querrichtung. Um ein gleichmäßiges Gewebebild zu erreichen, liegt für den Weber die zentrale Herausforderung in der kontrollierten Streuung der Streifigkeit der Kettdrähte über die gesamte Webfläche.

Nach der gezielten Sortierung werden sie auf die Kettwalze aufgespannt, mit der später die Webmaschine ausgerüstet wird. Aus 500 Spulen werden zum Beispiel bis zu 39.000 Drähte auf eine Kettwalze aufgesetzt. Dabei sind die gleichmäßige Spannung und die parallele Ausrichtung der Drähte von entscheidender Bedeutung. Im Anschluss wird jeder einzelne Draht durch eine Litze und ein Webblatt (Riet) geführt. Diese Werkzeuge bestimmen die Bindungsart und Qualität des späteren Drahtgewebes.

So wie ein Nähfaden durch ein Nadelöhr gefädelt wird, werden beim Einziehen Drähte durch Öffnungen geführt, die kleiner als 0,02 mm sind. „Präzision ist bei uns das A und O“, erklärt Hoffmann. „Jede kleinste Unregelmäßigkeit in der Vorbereitung kann das Gewebebild beeinträchtigen.“ Für Strukturgewebe hat Haver & Boecker eine spezielle Bindung entwickelt, die von der traditionellen Leinen-, Köper- oder Atlasbindung abweicht. Sie ermöglicht phantasievolle Muster – der Weber spricht von „Flottierung“.

Bevor STRUCTURA weiterkonfektioniert wird und an den Zierleistenhersteller geht, reinigt die Drahtweberei es per Ultraschall und behandelt es bei Bedarf thermisch nach. Dadurch wird es stabilisiert sowie besser formbar. „Gemeinsam mit Sprint Metal haben wir die hohen Design- und Qualitätsanforderungen der Automobilindustrie zuverlässig umgesetzt“, so Alsmann. „Das tadellose Gewebeergebnis für das Fahrzeuginterieur verdanken wir nicht zuletzt dem hochwertigen Vormaterial.“

Haver & Boecker liefert die Strukturdrahtgewebe auf Kundenwunsch in diversen Edelstahllegierungen, auch in Kombination mit PES-Monofilen. Je nach Material ermöglichen sie eine Vielfalt unterschiedlicher optischer Effekte, die sich neben Anwendungen im Fahrzeuginterieur auch für Möbel- und Objektdesign, Produkt- und Lichtdesign sowie die Raumgestaltung eignen.

 

Mehr Informationen zur HAVER & BOECKER OHG:

Kontakt  Herstellerinfo 
HAVER & BOECKER OHG
Drahtweberei und Maschinenfabrik
Carl-Haver-Platz 3
59302 Oelde
Tel.: +49-(0)25 22-30 0
Fax: +49-(0)25 22-30 404
E-Mail: haver@haverboecker.com
www.haverboecker.com
 

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