Welt der Fertigung
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Audi-Werkzeugbau arbeitet an der Digitalisierung

»Industrie 4.0 wird bei uns gelebt«

Keine Frage, die Welt des Werkzeug- und Formenbaus ist im Umbruch. Zum Hightech-Stand der Dinge zählen im Audi-Werkzeugbau bereits intelligente Werkzeuge, mit denen der Ingolstädter Automobilhersteller höchste Designanfor-derungen prozesssicher umsetzt. Derartige Innovationen gelingen aber nur, wenn die Mitarbeiter fortwährend bereit sind sich fortzubilden. Was zukünftig auf Mitarbeiter zukommt, welche Rolle die Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern spielt und warum neue Informationsquellen wie etwa die Moulding Area auf der METAV 2016 immer mehr an Bedeutung gewinnen, berichtet Michael Breme, Leiter des Audi-Werkzeugbaus in Ingolstadt, im Interview.

Welche Anforderungen stellt die Fertigung von Automobilen aktuell an den Werkzeugbau?

Michael Breme: Die aktuellen Herausforderungen für den Werkzeugbau lauten Internationalisierung, Derivatisierung, Flexibilisierung und Prozess-sicherheit. Die Anzahl an Derivaten steigt und damit auch eine engere Staffelung der Produktanläufe an unterschiedlichen Produktions-standorten weltweit.

Dadurch haben sich die realen Durchlaufzeiten von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung der Betriebsmittel in den vergangenen Jahren permanent verkürzt und werden dies auch weiter tun. Gleichzeitig erhöhte sich die Komplexität der konventionellen Werkzeuge und Karosseriebauanlagen, da zusätzliche Derivate und Modelle auf höherflexiblen Betriebsmitteln gefertigt werden.

Im Karosseriebau steigt der Anteil an Leichtbaukomponenten und damit der Anspruch ans Design, da die Geometrien immer komplexer werden. Das fordert von uns im Werkzeugbau neue Ansätze für höchste Prozesssicherheit bei gleichzeitiger Absicherung der technischen Verfügbarkeit. Es kommen neue Materialien im Karosseriebau zum Einsatz: Beispielsweise CFK, Sandwich- oder Magnesiumbleche, Aluminium-Druckguss und Warmumformung.

Was bedeutet das für den Audi-Werkzeugbau?

Michael Breme: Wir folgen mit unserem Betriebsmittel-Portfolio diesen Materialentwicklungen und entwickeln bestehende Konzepte und Prozesse selbstständig weiter. Im Audi-Werkzeugbau betreiben wir zudem eine Kleinserienfertigung und beliefern den VW-Konzern mit Karosseriebauteilen und -baugruppen für „highperformance-Automobile“. Hier steht der Werkzeugbau ebenfalls vor der Herausforderung, die zunehmende Anzahl an Baugruppen bei maximalem Kundenanspruch unter wirtschaftlichen Bedingungen zu beherrschen.

Mit welchen neuen Technologien stellen Sie sich diesen Herausforderungen?

Michael Breme: Bei uns ist beispielsweise das intelligente Werkzeug seit 2011 in der Großserie im Einsatz, unter anderem bei den Modellen Audi A8, Audi A3, Audi TT, Audi Q7 beim neuen Audi A4. So können wir höchste Designanforderungen prozesssicher umsetzen. Bei der Werkzeugauslegung werden die statischen und dynamischen Lasten beim Umformen berücksichtigt. Intensiv wird im Audi-Werkzeugbau die Simulation der gesamten Prozesskette betrieben – also vom Bauteil bis zur fertigen Rohkarosserie. Hier ergibt sich ein hohes Potenzial, da wir künftig ohne Absicherungswerkzeuge auskommen wollen.

Wie sieht es beim Hype-Thema Industrie 4.0 aus?

Michael Breme: Industrie 4.0 oder – wie wir bei Audi es nennen – Smart Factory wird bei uns gelebt: So findet seit Jahren die Fernwartung unserer Karosseriebauanlagen im Serieneinsatz statt, ebenso die Fernwartung der intelligenten Werkzeuge. Industrie 4.0-Technologien finden mittlerweile auch dort Einsatz, wo wir unsere Fertigungsprozesse im Bereich „shop floor“ weiterentwickeln.

So unterstützen Assistenzsystem unsere Mitarbeiter mit Echtzeitdaten aus der Produktion bei der Planung von Projektabläufen. Quasi wie Navigationssysteme für die Routenplanung liefern diese digitalen Assistenten Einplanungs-vorschläge bei komplexen Planungsvorgängen mit konkurrierenden Planungszielen. Dabei geht es unter anderem um Terminerreichung oder hohe Maschinenauslastung.

Auch die Automatisierung schreitet voran: 2015 haben wir eine automatische Roboterbohranlage in Betrieb genommen und den Einsatz von Fahrerlosen Transportsystemen für Logistikzwecke erweitert.

Audi-Werkzeugbau ist bereits pionierhaft den Weg zum intelligenten Werkzeug gegangen: Wie haben Sie Ihren Werkzeugbau digitalisiert, und was planen Sie für die Zukunft?

Michael Breme: Zum Beispiel mit der Rückführung der Regeldaten der intelligenten Werkzeuge: Wesentliche Informationen zur Qualität des Werkzeuges und des Prozesses liefern die Regeltätigkeiten der Sensoren im intelligenten Werkzeug. Damit lassen sich beispielsweise gute von weniger guten Platinen-Chargen unterscheiden.

So wird es möglich, frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Nicht unerwähnt bleiben darf die Systemintegration in die Qualitätserfassungssysteme der Produktion: Seit kurzem stehen uns dafür Softwaretools zur Verfügung, die kontinuierlich erweitert werden. Diese Qualitätstools bilden uns jederzeit den Qualitätsstand eines bestimmten Fahrzeugprojektes transparent ab. Sie dienen als Bindeglied zwischen Aufgaben aus Qualitätsprozessen sowie der Projekt- und Kapazitätsplanung des Werkzeugbaus.

Eine wichtige Rolle spielt auch die weltweite dezentrale Messdatenerfassung und virtuelle Qualitäts-Analyse: Bauteile, Werkzeuge und Automobile lassen sich in unserer neuen Roboter-Duplexmesszelle innerhalb weniger Stunden qualitativ bewerten. Außerdem ist nun eine Rückführung der Daten und Erfahrungen während der Lebensdauer eines Werkzeugs möglich, weil das Presswerk seit Mai 2015 in den Audi-Werkzeugbau integriert ist.

Wie unterstützen Sie Werkzeugmaschinenhersteller bei der Digitalisierung?

Michael Breme: Bei Neuinvestitionen besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den Maschinenherstellern und dem Audi-Werkzeug-bau. Aktuelles Beispiel hierfür sind die Schnittstellen-Definitionen für die Anbindung der Intelligenten Werkzeuge an die Pressensteuerung und die gemeinsame Definition von Abnahmekriterien.

Doch was hält ein Automobilhersteller mit eigenem Werkzeugbau von der Moulding Area und dem neuen Konzept der METAV Düsseldorf? Werden Audi-Vertreter sie im Februar 2016 besuchen?

Michael Breme: Ständige Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Erfolgs. Nur wer stets auf dem neuesten Stand der Technik ist und sich für Neuerungen und technischen Fortschritt interessiert, kann technologische Hightech-Produkte herstellen. Dabei nutzen wir alle gängigen Informationsquellen. Wir werden sicherlich an der METAV teilnehmen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Nikolaus Fecht, Fachjournalist aus Gelsenkirchen

 

Mehr Informationen zum VDW:

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Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken
Corneliusstraße 4
60325 Frankfurt am Main
Telefon +49 69 756081-0
Telefax +49 69 756081-11
E-Mail: vdw@vdw.de
www.vdw.de
 

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